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Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, fordert einen besseren Umgang mit dem Judentum an deutsche Schulen.

© Imago Images/Metodi Popow

„Antisemitismus geht auch von Lehrern aus“: Regierungsbeauftragter Klein warnt vor Judenhass an deutschen Schulen

Der Antisemitismusbeauftragte fordert eine bundesweite Meldepflicht für antisemitische Vorfälle. Außerdem müssten die Ausbildung und die Schulbücher überprüft werden.

Schlimme Äußerungen im Unterricht, katastrophale Schulbücher: Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, warnt eindringlich vor Judenhass an deutschen Schulen. „Wir stellen fest, dass Antisemitismus auch an Schulen verbreitet wird. Er geht nicht nur von Schülern aus, sondern auch von den Lehrkräften“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Im Unterricht komme es mitunter zu „fürchterlichen Bemerkungen“. Als Beispiel nannte er den Satz eines Lehrers zu einer jüdischen Schülerin bei der Erklärung des Bunsenbrenners im Chemieunterricht: „Du musst jetzt genau wissen, wie das mit dem Gas funktioniert.“ Das sei leider Realität in Deutschland. Man müsse dringend handeln. Auch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) beklagte, dass sich Antisemitismus zunehmend in den Schulen zeige. „Das dürfen wir nicht hinnehmen“, sagte sie den Zeitungen.

Klein forderte eine bundesweite Meldepflicht für antisemitische Vorfälle an Schulen. Dies könne der Abschreckung dienen. „Dann kommt keiner in Versuchung, etwas unter den Teppich zu kehren“, sagte er. Außerdem müsse der Umgang mit Antisemitismus und Rassismus „zum verpflichtenden, prüfungsrelevanten Bestandteil der Lehramtsausbildung in ganz Deutschland werden“.

In Schulbüchern muss deutlich werden, dass Juden zu Deutschland gehören.

Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung

Auch für Stark-Watzinger spielen die Lehrkräfte eine zentrale Rolle, um jeder Form des Antisemitismus entschieden entgegenzutreten und Schülerinnen und Schüler gut aufzuklären. „Dabei müssen wir sie mit allen Kräften unterstützen“, sagte die FDP-Politikerin und verwies auf Forschungsprojekte ihres Ministeriums, die unter anderem angehende Polizei- und Lehrkräfte im Umgang mit Judenhass professionalisierten.

Klein verwies zudem auf problematische Unterrichtsmaterialien. Es gebe es verheerende bildliche Darstellungen etwa in Religionsbüchern. Juden, die Jesus bei der Bergpredigt zuhörten, würden düster gezeichnet. „Das geschieht oft unbewusst, darf sich bei den Kindern aber nicht festsetzen“, sagte Klein.

In manchen Schulbüchern werde jüdisches Leben beschrieben „wie vor 2000 Jahren: Jungen lesen in der Thora und Mädchen mahlen Korn“, kritisierte Klein.

Es müsse genau geprüft werden, wie in Schulbüchern über das Judentum aufgeklärt werde. „In Schulbüchern muss deutlich werden, dass Juden zu Deutschland gehören.“ Klein weiter: „Auf anderen Feldern gibt es diese Sensibilität ja auch.“

Niedersachsen hatte vor wenigen Tagen angekündigt, die Antisemitismus-Prävention an Schulen stärken zu wollen, wie der NDR berichtete. Junge Lehrkräfte sollen demnach für das Thema sensibilisiert und Schulmaterial auf antisemitische Stereotype kritisch geprüft werden.

Es gehe vor allem darum, Lehrerinnen und Lehrer zu schulen, damit sie Antisemitismus in seinen aktuellen Erscheinungsformen erkennen und ihm in den Schulen begegnen können. Dazu will das Kultusministerium über einen Online-Wissenspool neues Unterrichts- und Fortbildungsmaterial bereitstellen. Das teilte das ebenfalls beteiligte Justizministerium mit.

Niedersachsen verstärkt Maßnahmen gegen Antisemitismus an Schulen

Ein Ziel sei es, Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler verstärkt über Formen von Alltags-Antisemitismus und Verschwörungsmythen aufzuklären. Bereits angehende Lehrerinnen und Lehrer sollen mehr über aktuelle Erscheinungsformen des Judenhasses erfahren.

Unterrichtsmaterialien sollen auf antisemitische Stereotype kritisch untersucht werden. Etwa 60 Fachleute aus niedersächsischen Universitäten und Hochschulen sowie Experten aus den Bereichen Lehrkräftefortbildung und Schulsozialarbeit hatten sich kürzlich auf einer Tagung mit dem Thema befasst.

Der Antisemitismusbeauftrage Klein forderte zudem weitere juristische Schritte gegen den umstrittenen Mitbegründer der Band Pink Floyd, Roger Waters. „Ich appelliere an die Wachsamkeit von Polizei und Justiz und ermutige zu weiteren Anzeigen“, sagte er. Waters lasse in seinen Konzerten etwa Plastikschweine mit Davidstern aufsteigen.

„Leider sind die Gerichtsverfahren, die dagegen angestrengt werden, bisher zu seinen Gunsten ausgegangen – obwohl er Antisemitismus verbreitet und mutmaßlich Volksverhetzung betreibt.“ Klein rief Konzertveranstalter dazu auf, sich gut zu überlegen, ob sie „Verschwörungserzählern eine Bühne bieten“ wollten.

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