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Annalena Baerbock.

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Politik: ANNALENA BAERBOCK, GRÜNE

Nebenbei will sie endlich die fast fertige Promotion beenden, trotz der nun noch knapperen Zeit. Das Thema ist für eine Grüne perfekt: „Naturkatastrophen und humanitäre Hilfe“.

Nebenbei will sie endlich die fast fertige Promotion beenden, trotz der nun noch knapperen Zeit. Das Thema ist für eine Grüne perfekt: „Naturkatastrophen und humanitäre Hilfe“. Das sei im Völkerrecht nämlich nicht geregelt, erzählt Annalena Baerbock. Eine Konvention für diese Fälle, ähnlich wie die Genfer zum Kriegsrecht, sei aber nötig, damit Staaten nicht mehr – so wie Birma 2008 trotz 80 000 Toten nach einem Zyklon – internationale Hilfe für ihre Bevölkerung ablehnen können. „Für Opfer ist es egal, ob sie erschossen werden oder durch einen Wirbelsturm getötet.“

Sich hineinknien in Probleme, mit Neugier, Verve und Hartnäckigkeit, Dinge auf den Punkt bringen, das kann sie – auch in der Politik. Die 32-Jährige, die mit ihrem Mann und der zweijährigen Tochter in Potsdam lebt, zog für die Grünen neu in den Bundestag ein. Als Einzige ihrer Partei aus Brandenburg, wo sie seit 2009 Landesvorsitzende ist. In einer Doppelspitze. „Einer, die funktioniert“, betont sie lächelnd. Den kleinen Landesverband beschreibt sie als „anders“, was auch einiges über sie sagt: „Nicht dogmatisch, offener, geprägt durch das ostdeutsche Bündnis 90, die Mentalität der Runden Tische.“ Im Gegensatz zu „Hardcore-Landesverbänden“ gebe es hier keine Flügel. Das ist etwas, was sie sich auch für die Bundespartei wünscht: „Die Flügelmentalität nervt.“

Ursprünglich kommt Baerbock aus einem kleinen Dorf in Niedersachsen, sie machte das Abi in Hannover, „täglich eine Busstunde zum Gymnasium“. Es kam ihr später in Brandenburg zugute, dass sie das Leben in ländlichen Regionen kennt. Sie trainierte damals, Trampolinspringen, fünfmal die Woche. Als Kontrast ging es noch auf den Fußballplatz, was sie heute noch gern tut. Politisch war sie damals schon, gründete ein lokales Bündnis gegen Nazis, Anfang der Neunziger, als es viele Anschläge in Deutschland gab. Zu den Grünen kam sie eher zufällig. Als sie Politik, öffentliches Recht und Völkerrecht in Hamburg und London studierte, machte Baerbock ein Praktikum bei der Europaabgeordneten Elisabeth Schroedter. Es fügte sich, dass sie bleiben konnte. Sie leitete Schroedters Büro in Brüssel, wurde Referentin der Bundestagsfraktion, ging dann, schon als Landeschefin, in Bundes- und Europagremien. Europa ließ sie nie los, als Vorstandsmitglied der Grünen Europartei kam sie viel rum, fast kein Land, wo sie sich nicht umschaute.

Trotzdem würde sie jetzt im Bundestag lieber andere Felder als Europa oder Internationales beackern, etwa Energiepolitik, wo Brandenburg gewissermaßen ein Versuchslabor der Energiewende ist, mit den Problemen um die Braunkohle und erneuerbare Energien. Zunächst aber werde das Mandat auch privat eine „große Herausforderung“, sagt Annalena Baerbock. Der Alltag muss neu organisiert werden, mit der Tochter in der Kita, ohne Großeltern in der Nähe, bislang ohne Auto, bewusst. „Es wird ein Problem, das durchzuhalten.“ Zumal auch die Grünen ja nicht sehr familienfreundlich seien, mit ihrer Debattierfreude, langen Sitzungen, Sonderparteitagen. „Wenn ein Mann sagt, er muss ein Länderspiel gucken, wird das auch bei uns eher toleriert, als wenn eine Frau sagt: Die Kinder müssen ins Bett.“Thorsten Metzner

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