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Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU)

© Ina Fassbender/AFP

Exklusiv

„Minister Intransparenz“: Andreas Scheuer und die sieben heiklen Fragen zur Pkw-Maut

Jeder Bürger hat Anspruch auf amtliche Informationen, auch zur Pkw-Maut. Doch der Minister blockt ab. Juristen beantworten ihm sieben Fragen – für 175.000 Euro.

Was genau steht in den Verträgen zur Pkw-Maut? Ist sie mit dem EU-Recht vereinbar? Wie teuer wird sie für den Bund? Antworten auf Fragen wie diese möchten wohl viele Menschen gerne haben.

Und: Grundsätzlich haben sie auch das Recht dazu. Denn nach dem so genannten Informationsfreiheitsgesetz (IFG) hat eine jede Bürgerin und ein jeder Bürger einen Anspruch auf amtliche Informationen von Bundesbehörden. Es braucht noch nicht einmal eine spezielle Begründung.

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Und doch neigen Behörden und Ministerien gerne dazu, solche Anfragen erst einmal abzulehnen – vor allem die heiklen. Dabei berufen sie sich dann auf einen umfangreichen Katalog von erlaubten Ausnahmen. Meist verschicken sie dafür Standardschreiben.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) aber bedient sich dabei offenbar auch gerne teurer Kanzleien – vor allem, wenn es um Informationen über sein Prestigeprojekt geht: die Pkw-Maut. Die Beantwortung von nur sieben IFG-Anfragen durch Juristen ließ er sich 2019 und 2020 rund 175.000 Euro kosten. Das geht aus einer Aufstellung des Ministeriums hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Das Geld floss demnach an die Greenberg Traurig Germany LLP.

„Wann immer es für Andreas Scheuer bei der Pkw-Maut-Aufklärung brenzlig wurde, schaltete er auf Steuerzahlerkosten teure Anwaltskanzleien ein“, sagt der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler dem Tagesspiegel. „Man sollte ihn Minister Intransparenz nennen.“ Über Monate habe der CSU-Politiker die Aufklärung seines „Maut-Desasters“ behindert.

Andreas Scheuer: Die Maut hat er vor die Wand gefahren.
Andreas Scheuer: Die Maut hat er vor die Wand gefahren.

© Tsp

„Tricksen, Täuschen, Tarnen – das war sein Motto“, meint Kindler. Scheuer habe Bürgerinnen und Bürger, Abgeordnete und Journalistinnen und Journalisten im Bemühen um Transparenz bei der Pkw-Maut Steine in den Weg gelegt und dafür teure Berater beauftragt.

Im Parlament setzt Scheuer bei der Aufklärung rund um die Pkw-Maut nicht unbedingt auf Kooperation. Die Opposition sah sich zwischenzeitlich sogar genötigt, den Bundesgerichtshof einzuschalten, um an die Protokolldateien dienstlicher E-Mail-Postfächer von Scheuer in der Sache zu gelangen. Der Minister hatte zuvor eine Zusammenarbeit mit einem vom Untersuchungsausschuss des Bundestags eingesetzten Ermittlungsbeauftragten abgelehnt.

Die wichtigsten Fakten zur Pkw-Maut:

  • Das deutsche Modell für eine Pkw-Maut scheiterte im Sommer 2019 vor dem Europäischen Gerichtshof.
  • Die Opposition wirft Scheuer unter anderem vor, Verträge abgeschlossen zu haben, bevor Rechtssicherheit bestand.
  • Andreas Scheuer weist die Vorwürfe der Opposition zurück.
  • Der Bund kündigte die Verträge direkt nach dem Urteil.
  • Die vorgesehenen Betreiber fordern 560 Millionen Euro Schadenersatz.

Dass Details von Scheuers Geheimverträgen mit den Maut-Betreibern trotz des Widerstands durch den Minister einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sind, ist ausgerechnet einer IFG-Anfrage zu verdanken.

Gestellt hat sie das gemeinnützige Internetportal FragDenStaat.de – neben 38 weiteren IFG-Anfragen zu dem Thema. Doch das Ministerium erklärte die Vereinbarungen zunächst zur Verschlusssache, die Geheimhaltungsstufe wurde auf „Vertraulich“ erhöht. Erst als eine Klage drohte, wurden die Unterlagen herausgegeben.

„Eine Art Schattenhaushalt“ bei der Pkw-Maut

Deshalb sind die Vereinbarungen mit dem Betreiber „autoticket“ jetzt zumindest zum Teil einsehbar. „Sie zeigen, dass das Verkehrsministerium mit aller Macht versuchte, die Privatisierung der Pkw-Maut über eine Art Schattenhaushalt durchzudrücken“, heißt es auf FragDenStaat.de. Demnach könnte das gescheiterte Projekt die Steuerzahlenden sogar 700 Millionen Euro kosten.

FragDenStaat-Projektleiter Arne Semsrott sieht die Beauftragung von Juristen zur IFG-Abwehr kritisch. „Die Bearbeitung von Informationsanfragen ist eine Kernaufgabe der Verwaltung, die von ihr selbst erledigt werden muss“, sagt er dem Tagesspiegel.

„Wenn das Verkehrsministerium sie an externe Beratungsfirmen auslagert, ist das zum einen eine Verschwendung von Steuergeldern. Zum anderen führt dies mittelfristig auch zu einer Abhängigkeit: Externe können auf Kosten von Steuerzahlern Expertise in diesem Bereich erwerben, die der Verwaltung dann fehlt“, sagt Semsrott.

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