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Anhänger des Präsidenten Emmerson Mnangagwa feiern dessen Sieg bei der Präsidentenwahl in Simbabwe.

© AFP/Luis Tato

Amtsinhaber Mnangagwa siegt in Simbabwe: "Das Krokodil" ruft zum Frieden auf

Die Regierungspartei ZANU-PF jubelt, die Opposition ist wütend: Die Wahlen in Simbabwe enden mit einem Sieg für Amtsinhaber Emmerson Mnangagwa.

„Die Stimme des Volks ist die Stimme Gottes“, versprach das Wahlplakat in Simbabwes Hauptstadt Harare. Diese Woche war die Stimme offenbar sehr wütend. Vom Plakat lacht der neu gewählte Präsident des Landes, Emmerson Mnangagwa. Im nächsten Moment wird der Banner heruntergerissen und geht in Flammen auf. „Wir wollen unsere Stimmen! Gebt uns unser Land zurück“, schreit einer der Demonstranten.

Die weltweit mit Spannung erwarteten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Simbabwe sind geschlagen. Jubelstimmung herrscht bei der Regierungspartei ZANU-PF, Wut bei der Opposition: Die Wahlen in Simbabwe enden mit einem Sieg für den Amtsinhaber Mnangagwa (75). Wie die staatliche Wahlbehörde in der Nacht zum Freitag verkündete, holte der Politiker mit Spitznamen „Krokodil“ mit 50,8 Prozent die Stimmenmehrheit und verhinderte damit nur knapp eine Stichwahl. Oppositionsführer Nelson Chamisa schaffte es auf 44,3 Prozent. Die Abstimmung galt als erste freie Wahl seit 1980 und fand erstmals seit der Unabhängigkeit ohne Langzeit-Präsident Robert Mugabe statt.

Nur Stunden vor der Ergebnisverkündung war es in Harare abermals zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen, als die Polizei die Parteizentrale der oppositionellen Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) umstellte. 16 Oppositionsanhänger seien Berichten zufolge festgenommen worden. Ein Anwalt der Opposition sprach von „reiner Schikane“.

Die MDC, die nach dem Tod ihres jahrelangen Anführers Morgan Tsvangirai erstmals unter neuer Führung antrat, glaubt an Wahlbetrug. Bereits im Vorfeld hatte der neue Oppositionschef Chamisa (40) verkündet, das Ergebnis nicht anerkennen zu wollen. Es sei ein „Skandal“, dass die Wahlbehörde „gefälschte Ergebnisse“ veröffentlicht habe, so Chamisa am Freitag.

Am Mittwoch war es zu schweren Ausschreitungen in Harare gekommen

Das Klima in dem südafrikanischen Land ist angespannt. Am Mittwoch war es zu schweren Ausschreitungen in Harare gekommen, als Oppositionsanhänger Busse in Brand steckten und Barrikaden errichteten. Sie forderten die sofortige Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Die Polizei reagierte mit Wasserwerfern und Tränengas, während die Armee laut simbabwischen Menschenrechtlern „willkürlich“ auf Passanten schoss. Mindestens sechs Menschen kamen nach Polizeiangaben ums Leben. Bei einer der Getöteten soll es sich lokalen Medienberichten nach um eine Tante der Ministerin für Tourismus, Prisca Mupfumira, gehandelt haben.

„Gab es wilde Feiern in ganz Simbabwe? Leider nicht. Bloß Angst, Kummer und das leise Geräusch von schwindender Hoffnung. Und dann waren da natürlich noch die Soldaten in ihren einschüchternden Panzern“, kommentierte der simbabwische Journalist Edmund Kudzai den Wahlsieg Mnangagwas.

Bereits im vergangenen November waren Panzer durch Harares Straßen gerollt. Damals hatte die Armee den unbeugsam scheinenden Langzeit-Präsident Robert Mugabe zum Rücktritt gezwungen. Der Despot stand 37 Jahre an der Spitze des Landes. Unmittelbar nach der Unabhängigkeit von Großbritannien 1980 galt Simbabwe als „Brotkorb der Region“. Jahrzehnte der Misswirtschaft, Repression und die Vertreibung von über 4000 weißen Kommerzfarmern bremsten jedoch die Entwicklung. Heute schwankt die Arbeitslosigkeit zwischen 80 und 90 Prozent. Bis zu Mugabes Sturz blieb Simbabwe wegen zahlreicher Menschenrechtsverbrechen auch politisch vom Westen abgeschnitten. Sowohl Mnangagwa als auch Chamisa versprachen der Nation einen wirtschaftlichen Aufschwung.

Mit Spannung wurde das Votum auch im benachbarten Südafrika mitverfolgt, wo sich wegen der katastrophalen Wirtschaftslage in Simbabwe zuletzt Tausende Simbabwer niederließen. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa rief Politiker und Bürger im nördlichen Nachbarstaat dazu auf, den Wahlausgang anzuerkennen. Etwaige Einsprüche sollten vor Gericht geklärt werden und nicht auf der Straße in Form von Protesten.

Wie es nach Mnangagwas Sieg weitergeht, ist ungewiss. Der frühere Vize von Mugabe gilt als pragmatischer Hardliner. Während einige Beobachter einen wirtschaftlichen Aufschwung prophezeien, wird sich für Menschen- und Grundrechte vermutlich kaum etwas ändern. „Lasst uns einander die Hand reichen in Frieden, Einigkeit und Liebe, und gemeinsam ein neues Simbabwe für alle schaffen“, appellierte Mnangagwa am Tag nach seinem Sieg. Viele Simbabwer zweifeln jedoch an seiner Aufrichtigkeit. Bereits in den 1980ern soll Mnangagwa, damals Minister für Staatssicherheit, eine tragende Rolle beim sogenannten Gukurahundi-Massaker gespielt haben: Die Armee tötete damals über 200.000 Angehörige der Ndebele-Minderheit.

Wenig überrascht auf die Entsendung der Armee reagierte der simbabwischen Politologe Rejoice Ngwenya: „Wir haben es hier ohnehin mit einer Militärregierung zu tun. Jetzt, da Emmerson Mnangagwa durch Wahlen legitimiert wurde, wird er unsere Rechte nach seinem Willen missbrauchen.“

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