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Der Streit um die Fischereirechte wird zwischen London und Brüssel bis zuletzt erbittert geführt.

© AFP

Alles hängt jetzt am Fisch: Kommt es am Ende noch zum No-Deal-Brexit?

Die Post-Brexit-Gespräche zwischen Großbritannien und der EU wollen nicht enden. Worüber immer noch gestritten wird und wann es ein Ergebnis geben könnte.

Kommt nun ein Handelsvertrag zwischen der EU und Großbritannien zu Stande oder nicht? Seit Tagen, Wochen und Monaten schwebt diese Frage über dem künftigen Verhältnis zwischen beiden Seiten. Am Samstagabend, zwölf Tage vor dem Ausscheiden Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion, stand nur so viel fest: Die Verhandlungen gehen weiter. 

Am Sonntag forderte der britische Gesundheitsminister Matt Hancock ein Entgegenkommen der EU. Brüssel müsse seine Position ändern und die "unvernünftigen Forderungen" zurückziehen, sagte er dem Sender "Sky News". "Ich bin mir sicher, dass ein Deal gelingen kann, aber offensichtlich braucht es Bewegung auf der EU-Seite."

Vor allem der Streit über die Fischereirechte sorgt dafür, dass ein Abschluss bei den Verhandlungen weiter auf sich warten lässt. Dem Vernehmen nach hat Barnier inzwischen angeboten, dass die EU künftig auf ein Viertel des Werts ihres Fischfangs in britischen Gewässern verzichtet. London fordert hingegen, dass die EU künftig 60 Prozent abgeben soll. 

Derweil beraten Chefunterhändler Michael Barnier und David Forst, wie EU-Kreise mitteilten. Ein Kompromissangebot zu Fangrechten europäischer Fischer in britischen Gewässern habe London zurückgewiesen. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf Verhandlungskreise. Die Verhandlungen zur Fischerei sind festgefahren, denn die Küstenstaaten der EU sind nicht bereit, weiter zu gehen.

Eine Annäherung zwischen beiden Seiten gibt es hingegen bei einem Thema, das wirtschaftlich von viel entscheidenderer Bedeutung ist als der Fischfang. Dabei geht es um die Frage, wie ein fairer wirtschaftlicher Wettbewerb zwischen der EU und Großbritannien auch nach dem Ausscheiden der Briten aus dem Binnenmarkt sichergestellt werden kann.

Offenbar soll Großbritannien nach der sich nun abzeichnenden Lösung künftig in der Lage sein, von den EU-Standards beim Verbraucher- oder Umweltschutz abzuweichen. Sollte sich Großbritannien dadurch aber einen unfairen Vorteil verschaffen, würde ein Streitschlichtungsmechanismus zwischen beiden Seiten zum Tragen kommen. 

Die Annäherung in diesem Punkt ändert aber nichts daran, dass vor allem für den britischen Premierminister Boris Johnson ein vorzeigbares Ergebnis im Fischereistreit ein unbedingtes Muss darstellt. Wenn die Fischereirechte der EU-Trawler in britischen Gewässern künftig sichtbar beschnitten werden, könnte Johnson hinterher verkünden, dass Großbritannien die „Kontrolle zurückbekommen“ habe, so wie er es den Brexit-Anhängern beim Referendum im Jahr 2016 versprochen hatte.

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Allerdings haben auch EU-Mitgliedstaaten wie Frankreich, die Niederlande, Irland oder Dänemark handfeste Interessen bei der Fischerei. Bislang werden 80 Prozent des im Ärmelkanal gefischten Kabeljaus von französischen Fischern angelandet. Deshalb schloss sich Barnier am Freitag noch einmal mit Vertretern der Fischfangnationen in der EU kurz. Dabei lotete der Franzose Barnier aus, welche Zugeständnisse ihm die Mitgliedstaaten bei den Verhandlungen mit London erlauben. 

Ultimatum des Europaparlaments

Vor allem Frankreich und die Niederlande beharren indes darauf, dass Barnier dem Vereinigten Königreich beim Gerangel um die künftigen Fischereiquoten nicht allzu sehr entgegenkommt. Daher war auch am Samstag nicht absehbar, ob eine vom Europaparlament aufgestellte Deadline tatsächlich eingehalten werden würde.

Die Europaparlamentarier haben verlangt, dass spätestens am Sonntagabend um Mitternacht ein Deal mit Großbritannien stehen müsse. Anderenfalls, so die Ansage der EU-Parlamentarier, sei eine Ratifizierung des Abkommens nicht mehr fristgerecht in diesem Jahr möglich.  

Allerdings sprach sich der französische Europa-Staatssekretär Clément Beaune dagegen aus, sich derart unter Zeitdruck setzen zu lassen. Am Samstag deutete Beaune in einem Interview mit dem Sender „France Inter“ an, dass die Verhandlungen möglicherweise auch über das Wochenende hinaus fortgesetzt werden könnten. 

Für das Europaparlament wäre dies ein Affront. Allerdings ist auch denkbar, dass eine Handelsvereinbarung mit Großbritannien - wann immer sie vor Jahresende zu Stande kommt - am 1. Januar erst einmal provisorisch in Kraft tritt und erst später vom EU-Parlament abgenickt wird.  

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