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Gut gelaunt in Brüssel: Der griechische Premier Alexis Tsipras am Freitagmorgen in Brüssel.

© AFP

Krisengipfel zu Griechenland: Alle wieder zurück auf Los

Der Brüsseler Krisengipfel mit dem griechischen Premier Alexis Tsipras hat nur ein dürftiges Ergebnis gebracht. Es mag sein, dass alle Beteiligten jetzt gerne den "Neustart"-Knopf drücken würden. Aber ist Tsipras wirklich zu Reformen fähig? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Tsipras muss liefern - das ist das Ergebnis des nächtlichen Krisengipfels in Brüssel, bei dem der griechische Premierminister dreieinhalb Stunden lang mit Kanzlerin Merkel, dem französischen Staatschef François Hollande und weiteren Spitzenleuten der EU-Institutionen zusammengesessen hat. Alexis Tsipras, der Chef des Linksbündnisses Syriza, muss bei den Geldgebern eine vollständige Liste der Reformmaßnahmen abliefern, die seine Regierung plant. Erst danach – und nach eingehender Prüfung durch die Gläubiger – soll es weitere Hilfen der Kreditgeber geben.

Resultat ist nicht neu

Das dürftige Ergebnis des Mini-Gipfels kommt einem irgendwie bekannt vor. Und richtig: Ende Februar hatte sich der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis verpflichtet, eine „erste umfassende Reformliste“ vorzulegen, damit vor Ende Februar eine Staatspleite abgewendet werden konnte. Die Liste trudelte dann auch ein paar Tage später in Brüssel ein. Leider enthielt sie nur keine Zahlen zu den Einnahmen, die sich Tsipras und Varoufakis von ihren Reformmaßnahmen – beispielsweise einer verschärften Verfolgung von Steuerhinterziehern – versprechen.

"Reset" könnte neuen Schwung bringen

Jetzt, einen Monat später, soll Griechenland statt der „ersten Liste“ nun eine „vollständige Liste“ vorlegen. Wenn man das Gezerre zwischen der Links-Rechts-Regierung in Athen und den Geldgebern betrachtet, hat man das Gefühl, als seien alle Beteiligten bei dem Krisengipfel wieder zurück auf Los gegangen. Und wer würde sich im schwierigen Verhältnis zwischen Athen und Brüssel nicht einen Neustart wünschen?

Ein solcher „Reset“, wie es in der Diplomatensprache heißt, könnte eine neue Dynamik entfalten, welche die Entwicklungen der letzten Wochen vergessen machen könnte: Der Rauswurf der Ex-Troika aus Athen, die öffentliche Lüge von Varoufakis, der sich im deutschen Fernsehen in die Enge getrieben fühlen musste, die Beschwerde des griechischen Botschafters über Finanzminister Wolfgang Schäuble. Nun hat Tsipras sein Treffen in Brüssel mit Merkel und Co. „auf Augenhöhe“ gehabt, und nun könnte er auch, mag man denken, den Umbau des Staates in der Heimat leichter umsetzen – nach einem starken Auftritt auf europäischer Bühne.

So oder so: Griechenland bleibt ein Sorgenkind

Wenn es nur so einfach wäre. Bei Licht besehen, ändert auch das Brüsseler Siebener-Treffen nichts daran, dass Tsipras seinen Wählern genauso verpflichtet bleibt wie Merkel den ihren. Zwar hat die Kanzlerin am Donnerstag im Bundestag ganz tief in die Pathos-Kiste gegriffen und die Union auch schon einmal auf die Möglichkeit vorbereitet, dass sich Deutschland womöglich langfristig auf Hilfen für das Euro-Sorgenkind Griechenland wird einstellen müssen. Aber selbst unter der Prämisse, dass das europäische Einigungswerk nicht durch einen "Grexit" in Frage gestellt werden darf, kann die Kanzlerin im Angesicht ihrer Wähler kaum von einem Grundsatz abgehen, den sie stets seit dem Beginn der Hellas-Krise 2010 formuliert hat: Hilfen gibt es nur gegen Auflagen.

Guter Wille ist wohl da

Und genau hier besteht auch nach der nächtlichen Runde von Brüssel die Krux. Es stellt sich die Frage, ob Tsipras tatsächlich in der Lage ist, nach den ersten Beschlüssen über Hilfsmaßnahmen für die Ärmsten der Armen umgekehrt auch Neuerungen durchs Parlament zu bringen, die auch zu Einschnitten führen, idealerweise für die oberen Zehntausend in Griechenland.

Der gute Wille auf Seiten der Geldgeber und von Tsipras, eine Lösung zu finden, mag ja vorhanden sein. Trotzdem haben beide Seiten noch nicht erkennen lassen, wie sie die Quadratur der Kreises bewältigen wollen. Einerseits beteuert Merkel, dass die Bundesregierung das politische Ziel habe, Griechenland in der Euro-Zone zu halten. Das könnte aber im Umkehrschluss heißen, dass neue Hilfen an Athen notfalls ohne belastbare Reformzusagen ausgezahlt werden. Man muss sich nicht umfassend mit der Wissenschaft der Spieltheorie beschäftigt haben, um zu vermuten, dass Tsipras genau darauf spekuliert.

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