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Warten auf die Überfahrt nach England: Migranten im nordfranzösischen Coquelles bei Calais am Sonntag

© Francois Lo Presti/AFP

Flüchtlinge: Alle Parteien für kürzere Asylverfahren

Schnellere Asylverfahren sind keine Forderung nur eines politischen Lagers mehr. Jetzt sind alle dafür - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Stimmen aus allen im Bundestag vertretenen Parteien haben sich an diesem Wochenende für mehr Tempo bei den Asylverfahren ausgesprochen. Der Stau von zigtausenden unbearbeiteten Anträgen sei der „eigentliche Knackpunkt“, sagte die Beauftragte der Bundesregierung für Migration und Flüchtlinge, Aydan Özoguz (SPD), im Deutschlandfunk. Die Verfahren müssten „schnell und ordentlich“ abgewickelt werden. “ Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei) forderte schnellere Entscheidungen: Ohne einen rechtsstaatlichen Bescheid könnten Flüchtlinge in der Regel keine Praktikums-, Ausbildungs- oder Arbeitsstellen angeboten werden. „Wir wollen sie aber integrieren.“ Ramelow forderte vom Bund außerdem mehr Geld für Unterbringungs-, Betreuungs- und Integrationskosten. „Eine Milliarde Euro, von der die Länder auch noch die Hälfte an den Bund zurückzahlen müssen, ist viel zu wenig.“

Die höchste Zahl von Flüchtlingen seit 1991

Grünen-Ko-Chef Cem Özdemir sprach sich für eine Bearbeitungszeit von höchstens drei Monaten aus. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) verband sein Plädoyer mit dem Hinweis, es gehe auch darum, zu erreichen, „dass Menschen, deren Asylantrag vorhersehbar aussichtslos ist, sich gar nicht erst auf den Weg zu uns machen.“
Aktuell liegen 270 000 Anträge im Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) – mehr als in allen anderen europäischen Staaten. Bamf-Präsident Manfred Schmidt gab am Freitag bekannt, dass allein im Juli 79 000 Asylbewerber nach Deutschland kamen, mehr als jemals in einem Monat seit dem Beginn der Aufzeichnungen 1991. Der Bundestag hat dem Bamf eine erhebliche Aufstockung des Personals bewilligt, bisher sind 650 neue Stellen besetzt.

Ungarn mauert, Paris fordert Hilfe

Im übrigen Europa reagieren Regierungen auf den Andrang von Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten unterdessen rabiat: In Ungarn gilt seit Samstag ein auf nur 15 Tage verkürztes Verfahren. Flüchtlinge, die aus Serbien kommen – der Weg fast aller, die ohne Papiere einreisen – können sofort zurückgeschickt werden, weil Ungarn Serbien zum sicheren Drittstaat erklärt hat. Ungarn baut derzeit auch einen vier Meter hohen Zaun an der Grenze zum Nachbarland.
Frankreich und Großbritannien haben am Sonntag die Lage in Calais zu einem gemeinsamen Problem erklärt, das sie mit „höchster Priorität“ lösen wollten. Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve und seine britische Kollegin Theresa May forderten zugleich die Hilfe der anderen EU-Staaten. Seit Wochen versuchen nahe dem nordfranzösischen Calais immer wieder Migranten, nachts zum Eurotunnel vorzudringen, um an Bord von Güterzügen nach Großbritannien zu gelangen. Mitunter wurden pro Nacht 2000 Fluchtversuche registriert. In einem behelfsmäßigen Lager bei Calais harren rund 3000 Migranten aus, die auf eine Fluchtgelegenheit warten. epd/AFP/ade

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