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Alexander Dobrindt (links) mit einer Laufnarrenkappe mit dem Narrenbüttl Matthias Stolp.

© Patrick Seeger/dpa

Alexander Dobrindt: Was den Verkehrsminister zum Laufnarren macht

Der Bundesverkehrsminister ist jetzt ein Stockacher Laufnarr mit umfangreichen Büßerpflichten sowohl in Wein als auch in Bier. Ein Porträt.

Von Robert Birnbaum

Das Schleimen hätte er besser gelassen. Denn das hohe grobgünstige Narrengericht zu Stockach hält keiner ungestraft zum Narren, ein Bayer schon gar nicht und einer mit derart großkarierten Karos im Jackett ganz und gar nicht. Alexander Dobrindt hätte das wissen müssen.

Jedes Jahr am „Schmotzigen Dunschtig“, dem Fastnachtsdonnerstag, sitzen die Narren in der Bodenseegemeinde über einen prominenten Sünder zu Gericht. Außer dem Saarländer Peter Müller ist noch keiner mit Freispruch davongekommen. Und ein Bundesverkehrsminister, obendrein ein Bayer, und gar mit solchen Karos – keine Chance.

Man muss dazu wissen, dass Stockach mit den östlichen Nachbarn schlechte Erfahrungen gemacht hat. 1704 brannte ein Bayern-Kurfürst das Städtchen nieder. Anderswo wäre das vergessen, doch im hiesigen Traditionsverständnis fühlt es sich an wie vorgestern. Das Narrengericht führt sich schließlich auf einen Freibrief zurück, den 1351 ein Habsburger dem Hofnarren Hans Kuony ausgestellt haben soll.

Verurteilt wegen "Mautismus'"

So kam es, wie es kommen musste. Zwei der Anklagepunkte konnte der an einem dicken Seil hereingezerrte Beklagte, traditionell unterstützt vom Fürsprech, zwar niederschlagen. Doch beim dritten Punkt, der Ausländerdiskriminierung durch „vorsätzlichen Mautismus“, kannten die 21 Richter keine Gnade mehr. Da mochte Dobrindt noch so hinterlistig aus den Annalen der Stadt zitieren, die allerlei Maut- und Zollgebühren verzeichnen. Da mochte er noch so sehr auf Bruderschaft im Geiste plädieren: „Die CSU ist doch das Narrengericht der großen Koalition!“

Nichts half – ja, der Versuch, der Weisheit des Gerichts und der Schönheit der Frauen im Saal zu schmeicheln, ging nach hinten los. Zwei Eimer besten Rotweins österreichischen Maßes muss er zahlen und einen extra für die Schleimerei. Drei Eimer klingt harmlos, entspricht aber 180 Litern. Obendrein muss Dobrindt das Gericht beim nächsten Oktoberfest aushalten, zur Sühne des Stadtbrands.

Dafür kann er aber auch etwas mitnehmen. Vom Hofnarren Kuony etwa die Warnung, die der seinem Herzog vor einer Schlacht erteilte: „Ihr bedenkt, wie Ihr in das Land Schweiz hineinkommt, aber keiner erwägt, wie Ihr da wieder rauskommt.“ Ein Schelm, wer an die Maut denken möchte. Ach, und einen Titel hat er bekommen nach altem Brauch: Den Verkehrsminister darf man jetzt einen Laufnarren nennen.

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