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Armin-Paulus Hampel, Ex-Niedersachsen-Chef der AfD, sitzt und spricht für die Partei jetzt auch im Deutschen Bundestag.

© Christophe Gateau/dpa

AfD in Niedersachsen: „Ja, wir sind Schmuddelkinder“

Niedersachsens AfD gibt sich konstruktiv – und kämpft zum Landesparteitag mit ihrem bewusst provokanten Ex-Chef Hampel.

Die Einladung soll offenbar freundliche Normalität ausstrahlen: Auf der Homepage der AfD-Bundespartei werden die „lieben Mitglieder des AfD- Landesverbandes Niedersachsen“ zum Landesparteitag am kommenden Wochenende nach Braunschweig geladen. „Mit herzlichen Grüßen, Ihr Notvorstand Niedersachsen“ schließt das Schreiben.

Notvorstand? Vor zwei Monaten hatte die AfD-Bundesspitze die Macht beim heillos zerstrittenen Landesverband Niedersachsen übernommen und die komplette Führungscrew um den Landeschef und Bundestagsabgeordneten Paul Hampel abgesetzt. Der Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Dirk Nockemann übernahm mit seinen Bundestagskollegen Kay Gottschalk aus Nordrhein-Westfalen und Stephan Protschka aus Bayern das Zepter. Dieser Notvorstand ordnete – gedeckt von der AfD-Satzung – die Neuauflage des im Januar geplatzten Landesparteitages mit der Neuwahl des Vorsitzenden und seiner Stellvertreter an.

So kommt es nun in der Stadthalle der ostniedersächsischen Löwenstadt zum Showdown der verfeindeten Lager. Gleich fünf Kandidaten – Stand Mittwochnachmittag – bewerben sich um den Chefposten. Auch der 60-jährige Hampel, dem seine Gegner diktatorischen Führungsstil vorwerfen, will trotz seiner Absetzung wieder antreten. „Ich muss mich nicht verstecken“, sagt der ehemalige Ostasien-Korrespondent der ARD. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel verweist er auf steigende Mitgliederzahlen und stetig zunehmende Wahlerfolge in Niedersachsen: „Da können doch all die bösen Berichte über mich nicht gezogen haben.“

Die Landespartei ist tief zerstritten

6,2 Prozent hatte die AfD bei der Landtagswahl am 15. Oktober geholt, mit neun Abgeordneten stellt sie die kleinste der fünf Fraktionen im Leineschloss-Parlament. In einem Brandbrief direkt nach dem Urnengang hatten die Bundestagsabgeordneten Jörn König und Wilhelm von Gottberg ihren Kollegen Hampel persönlich für dieses aus ihrer Sicht extrem magere Ergebnis verantwortlich gemacht. Für das „nicht unbedingt AfD-affine Niedersachsen“ sei das doch ein ganz guter Wert, verteidigt sich der Angegriffene. Die Schuld an den Querelen sieht er bei seinen beiden ehemaligen Stellvertretern.

Seine Widersacher setzen ihre Hoffnungen jetzt auf Fraktionschefin Dana Guth. Die 47-jährige Immobilien-Kauffrau aus Göttingen sieht ihre Hauptaufgabe als künftige Parteivorsitzende darin, das lähmende Chaos und den inneren Streit zu beenden. „Wir sind alle eine Partei. Wir haben es schon schwer genug, da sollten wir zusammenhalten“, meint Guth im Gespräch mit dem Tagesspiegel und beklagt die Ausgrenzung der AfD im Parlament durch die SPD/CDU-Koalition und die Oppositionskollegen von Grünen und FDP. Vom Lagerdenken halte sie nichts: „In der Fraktion ist so ziemlich jede Richtung vertreten. Aber wir arbeiten als Team gut zusammen.“ Im Landtag haben die AfD-Abgeordneten bislang auf Provokationen verzichtet. Man wolle durch Sacharbeit überzeugen, begründet dies die Chefin.

Hampel provoziert lieber, als sich anzubiedern

Hampel passt diese Linie nicht. In internen Runden poltert er heftig gegen Guths „Kuschelkurs“. Man werde daher auf dem Parteitag einen „richtig harten Kampf“ führen, sagt er. „Ja, wir sind Schmuddelkinder“ – das sei allemal besser, als sich anzubiedern. Vorwürfe, er teile die Ansichten des Thüringer AfD-Rechtsaußen Björn Höcke, weist Hampel zurück: „Ich bin gar kein Flügelmann.“ Er habe sich nur gegen ein Parteiausschlussverfahren ausgesprochen. Auf dem angestrebten Weg zu Volkspartei dürfe die AfD niemanden ausgrenzen. „Da gehört ein Björn Höcke selbstverständlich dazu.“

Der Ausgang der Vorsitzenden-Kür gilt als völlig offen, da die AfD kein Delegiertensystem pflegt, sondern jedes anwesende Mitglied abstimmen darf. „Es kommt also auf die Mobilisierung an“, raunt ein Landtagsabgeordneter mit bangem Blick auf die vom Hampel-Lager betriebene interne „Schlammschlacht“ gegen Guth. Sogar dem selbst ernannten „Einigungskandidaten“ Dietmar Friedhoff („Ich trete an, um das Hauen und Stechen der Vergangenheit zu beenden“) wird misstraut. Die Kandidatur des Bundestagsabgeordneten aus der Region Hannover sei doch nur ein „geschickter Schachzug“ Hampels, warnt ein Kritiker. Sollte der Ex-Chef selbst scheitern, könne er damit zumindest einen Vertrauten in der Parteispitze installieren.

Begleitet wird der Parteitag von zwei höchst unterschiedlichen Protestgruppen. Ein „Bündnis gegen Rechts“ wirbt für ein buntes und tolerantes Braunschweig – und die rechtsextremistische NPD will für den „Tag der deutschen Zukunft“, ein Neonazi-Treffen Anfang Juni in Goslar, mobilisieren.

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