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Winfried Kretschmann hätte gerne ein weiteres politisches Amt.

© Marijan Murat/dpa

Ärger mit der SPD: Kretschmann will deutsch-französischer Kulturbeauftragter werden

Grünen-Politiker Kretschmann hat Ambitionen auf einen prestigeträchtigen Posten. Den will die SPD aber nicht abgeben – sie haben eine eigene Kandidatin.

Schöne Bilder waren Armin Laschet sicher, als er mitten im Bundestagswahlkampf im vergangenen September nach Paris reiste. Erst Gespräche mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dann Fototermin samt Scheckübergabe. Eine halbe Million Euro für die Sanierung der abgebrannten Kathedrale von Notre Dame hatte der CDU-Kanzlerkandidat damals im Gepäck. Das reiche zwar nur, um „einige Fenster zu restaurieren“, sei aber ein wichtiges Symbol, sagte Laschet, dem auch die schönen Bilder aus Paris nichts mehr nutzen sollten.

Ein wichtiges Symbol ist wohl auch eine gute Beschreibung für das Amt, in dessen Namen Laschet damals nach Frankreich reiste. Als Bevollmächtigter der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrags für die deutsch-französische Zusammenarbeit vertrat Laschet drei Jahre lang das Land bei allen Fragen der Kultur und Bildung. Im Januar hat sein Nachfolger im Amt als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen auch das Amt des Kulturbeauftragten geerbt.

Politisch ist der Posten des deutsch-französische Kulturbeauftragten kaum relevant, doch das Amt birgt eine Portion Prestige. Zu den bisherigen Bevollmächtigten zählen unter anderem Ex-Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger (CDU), Oskar Lafontaine und Klaus Wowereit. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hatte das Amt als Bürgermeister von Hamburg zwischen 2015 und 2018 inne. Ein paar schöne Termine in Paris sind eingepreist, zudem zwei extra Büros.

Nun ist der Posten turnusgemäß wieder vakant. Die Ministerpräsidenten, die das Amt unter sich verteilen, haben nach Tagesspiegel-Informationen darüber bereits gesprochen, doch es gab Streit. Nach den CDU-Ministerpräsidenten Wüst/Laschet wäre eigentlich wieder die A-Seite im Bundesrat – also die SPD – an der Reihe. Doch nun hat offenbar Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann frankophile Ambitionen, wie mehrere Quellen dem Tagesspiegel bestätigten.

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Der Grünen-Politiker, der erst fünf Jahre im Bundesrat zur A-Seite gehörte und seit 2016 bei den B-Ländern sitzt, beansprucht offenbar das Amt – mit Verweis auf die Grenzregion im Südwesten. Die Grünen wollen den ewigen Wechsel zwischen SPD und Union aufbrechen.

"Kindergarten", heißt es aus der SPD

Aus CDU-geführten Bundesländern hört man vorsichtige Zustimmung für Kretschmann. Der 74-Jährige sei ein verdienter Politiker, zudem sei die A/B-Verteilung „ein bisschen old-school“ heißt es aus einer Staatskanzlei. Tatsächlich regieren die Grünen inzwischen in zehn Ländern, mit Nordrhein-Westfalen könnte bald das elfte folgen.

„Der Verteilungsmechanismus für diesen Posten ist aus der Zeit gefallen“, erklärt Berlins Bürgermeisterin Bettina Jarasch (Grünen) gegenüber dem Tagesspiegel. „Die Bonner Republik lässt grüßen, wenn SPD und CDU solche Aufgaben nur unter sich verteilen wollen. Die politische Landkarte Deutschlands hat sich seit den 1960er Jahren verändert und ist heute moderner und vielfältiger. Deshalb finde ich es legitim und richtig, dass Winfried Kretschmann seinen Hut in den Ring wirft. Dass wir Grüne an 10 Landesregierungen beteiligt sind und einen Ministerpräsidenten stellen, sollte sich auch hier wiederspiegeln.“

Anke Rehlinger ist seit wenigen Wochen Ministerpräsidentin im Saarland.
Anke Rehlinger ist seit wenigen Wochen Ministerpräsidentin im Saarland.

© Harald Tittel/dpa

Doch die A-Seite um die SPD-Landeschefs will den Posten nicht einfach abgeben. Mit Anke Rehlinger, frisch gewählte Ministerpräsidentin im Saarland, haben auch die Sozialdemokraten eine Kandidatin. Man habe die Mehrheit und sei an der Reihe, heißt es selbstbewusst aus ihrem Lager. Wenn Kretschmann Ambitionen gehabt hätte, so hätte er sie vor vier Jahren bei den B-Ländern – also der CDU-Runde – äußern sollen.

Die Posse lähmt die Arbeit der Ministerpräsidenten. Für einen Beschluss muss Einstimmigkeit herrschen, erst dann kann der Bevollmächtigte offiziell von der Bundesregierung benannt werden. Aus SPD-geführten Staatskanzleien hört man Unmut über Kretschmann. „Kindergarten“ und „jämmerlicher Versuch“ sind Vokabeln, die fallen. Schöne Bilder muss Kretschmann vielleicht weiterhin im Ländle produzieren.

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