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Immer rein damit! Ein Vater füttert seinen Sohn - soll er dafür Geld vom Unterhalt für die Mutter abziehen können?

© PICTURE ALLIANCE / DPA

Unterhaltsregelungen: Ach, du lieber Vater!

Mehr Rechte für Väter, die nach der Trennung für die Kinder sorgen? Gehört das wirklich an Top1 der Familienpolitik? Unserer Kolumnistin schmeckt das gar nicht.

Ich muss zuerst mit ein paar Zahlen nerven: In Deutschland leben 1,6 Millionen Alleinerziehende. Davon sind 1,44 Millionen Mütter. In 88 Prozent der Fälle muss der Vater Unterhalt für die Kinder zahlen. Soweit die Fakten. Die Realität sieht so aus: Die Hälfte der unterhaltspflichtigen Väter zahlt nicht, der Staat muss deshalb einspringen, damit die Kinder finanziell versorgt sind. Diesen Unterhaltsvorschuss holt sich der Staat von den Vätern zurück, das passiert genau in 13 Prozent der Fälle.

Wirklichkeit ist auch, dass nur etwa ein Drittel der Väter Elternzeit nimmt, aber nicht länger als zwei Monate. Dass Frauen nach der Geburt wieder arbeiten möchten, aber keine Betreuungsmöglichkeiten finden (300.000 Krippenplätze und 100 000 ErzieherInnen fehlen) und ihre Arbeitszeit kürzen müssen (58 Prozent), weil die Rückkehr in den alten Job mit Kind nicht möglich ist.

Wenn beide erziehen, brauchen sie vieles doppelt

Ihnen raucht jetzt nach den vielen Zahlen der Kopf? Mir auch. Aber diese Zahlen sind wichtig, um zu verstehen, warum der Vorstoß von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, Väter, die ihre Kinder zur Hälfte betreuen, finanziell zu entlasten, viele alleinerziehende Mütter vor den Kopf stößt. Auf den ersten Blick hat das eine mit dem anderen nichts zu tun. Giffey bezieht sich ja auf die Väter, die ihre Kinder tatsächlich betreuen, bei denen die Kinder auch leben. In diesem Fall sind die Mütter nicht alleinerziehend, sondern erziehen gemeinsam mit dem Vater, nur in unterschiedlichen Haushalten.

Das Problem ist aber, dass beide Elternteile zwei große Wohnungen brauchen, vieles doppelt gekauft werden muss. Bisher war das nur für Besserverdienende finanzierbar. Das Betreuungsmodell, bei dem der Vater keinen Unterhalt mehr zahlen muss, geht aber an der Lebensrealität vorbei, weil sich viele Familien das gar nicht leisten können. Und fair ist es erst recht nicht. Derjenige, meist der Vater, der mehr verdient, soll dann keinen Unterhalt mehr zahlen müssen, halst somit der Frau, die meist auf ihre eigene Karriere verzichtet hat und nur noch in Teilzeit arbeiten kann, noch mehr Kosten auf. Wenn man das von dieser Perspektive betrachtet, hat es doch wieder etwas miteinander zu tun. Deshalb ist es wichtig, dieses Thema im großen Zusammenhang zu sehen.

Väter, die sich kümmern, bekommen Preise. Und Frauen?

Es geht mir nicht darum, kümmernde Väter gegen alleinerziehende Mütter auszuspielen. Und es ist gut, dass sich die Familienministerin darum bemüht, dass es gerechter wird für getrennt lebende Eltern. Aber ihr gutgemeinter Vorschlag, Väter finanziell zu entlasten, die sich um ihre Kinder kümmern, ist nicht die Gerechtigkeit, die sich viele Frauen von ihr erhofft haben. Wiedereinstieg in den Job, bessere Kinderbetreungsmöglichkeiten, Gerechtigkeit bei der Besteuerung, das wären die wichtigeren Themen gewesen. Es gibt so viele akute Baustellen, dass es wie Hohn klingt, wenn die Ministerin erst mal die Väter entlastet, statt sich dem Armutsrisiko von alleinerziehenden Müttern zu stellen.

Wie weit wir in Deutschland von den Lebensumständen alleinerziehender Frauen entfernt sind, zeigt, dass unter der Schirmherrschaft von Franziska Giffey der Ehemann der Astronautin Insa Thiele-Eich einen mit 5000 Euro dotierten Preis als “Spitzenvater des Jahres“ bekommen hat. Er kümmert sich um die Kinder, während sie Vollzeit arbeitet. Etwas, was Frauen schon immer ganz selbstverständlich tun, ohne jemals dafür eine Auszeichnung bekommen zu haben.

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