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Bremens einstiger Regierungschef und EU-Administrator von Mostar, Hans Koschnick (SPD), starb am Donnerstag.

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Zum Tod von Hans Koschnick: Abschied von einem Brückenbauer

Einer der letzten großen SPD-Männer ist tot: Der Bremer Ex-Bürgermeister, Bosnien-Vermittler und Tarifschlichter Hans Koschnick starb mit 87 Jahren.

Ein Glück, dass Hans Koschnick als 16-Jähriger nicht die Empfehlung des Bremer Arbeitsamts beherzigt hat, Maurer zu werden. Er heuerte lieber als Rathaus-Lehrling an. Maurer wurde er also nicht – aber Brückenbauer: Als einer der großen deutschen Sozialdemokraten trug der langjährige Bremer Bürgermeister immer wieder zur Aussöhnung in der Welt bei.

Als am Donnerstag die Nachricht vom Tod des 87-Jährigen bekannt wurde, kondolierte sogar der Bundespräsident: Joachim Gauck würdigte ihn als "leidenschaftlichen Kämpfer für die Demokratie". "Sein Denken, Fühlen und Handeln orientierten sich immer an seinem Gewissen und an dem Willen, Verantwortung für sich und für andere zu übernehmen." SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte ihn einen "Ausnahmepolitiker: geradlinig, entschlossen und mitreißend", mit "tiefer Humanität" und einem "Lebenswerk für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität".

Koschnick gestaltete Brandts Ostpolitik mit

Auch im Ausland genoss er hohes Ansehen. Als langjähriges SPD-Bundesvorstandsmitglied gestaltete er Willy Brandts Ostpolitik mit. Manche nannten ihn einen „heimlichen Außenminister“. 1976 besiegelte er die erste deutsch-polnische Städtepartnerschaft: mit Gdansk (Danzig). Seit 1985 war er dort sogar Ehrenbürger – in Bremen erst seit 1999. Koschnick engagierte sich auch für die Aussöhnung mit Israel. Dort galt er als glaubwürdiger Vertreter eines neuen Deutschlands, auch deshalb, weil er aus einer von den Nazis verfolgten Kommunistenfamilie stammte.

Hans Koschnick, SPD-Bundesgeschäftsführer Egon Bahr und der damalige SPD Vorsitzende Willy Brandt im November 1977 auf dem SPD Bundesparteitag in Hamburg.

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18 Jahre lang prägte er als "Großer Manitu" Bremen. Bei vier Bürgerschaftswahlen holte er für die SPD stets die absolute Mehrheit – heute unvorstellbar. Nach seinem Abgang 1985 dachte der 56-jährige Skatspieler und Fußballfan noch lange nicht an Ruhestand. Zwei Wahlperioden lang saß er im Bundestag. Als pflichtbewusstes Arbeitstier ließ er sich später mehrfach für Ehrenämter einspannen, nicht nur 1994 als EU-Vermittler in Bosnien, sondern auch 1998/99 als Bosnien-Beauftragter der Bundesregierung und mehrfach als Tarifschlichter im Öffentlichen Dienst.

66 Jahre war er Mitglied der SPD

1994 übernahm er seinen schwierigsten Vermittlerauftrag: die Leitung der EU-Wiederaufbauaktion in der bürgerkriegszerstörten bosnischen Stadt Mostar. Koschnick ließ zwar erfolgreich Schulen und Stromnetze reparieren, doch den Hass zwischen den Volksgruppen konnte er nicht wegmoderieren. 1996 brach er seine Mission ab, weil er sich nach einem versuchten Lynchangriff auf ihn nicht genug von der EU unterstützt fühlte.

Hans Koschnick 1996 als damaliger EU-Administrator in der herzegowinischen Gebietshauptstadt Mostar.

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So kehrte er ernüchtert in seine Heimatstadt zurück, in der er seit 1945 Karriere gemacht hatte: Rathaus-Lehrling, Zwischenspiel als ÖTV-Gewerkschaftssekretär, 1963 mit nur 34 Jahren Innensenator und seit 1967 Bremer Bürgermeister, als jüngster Regierungschef Deutschlands. Sein Motto: "Handeln und nicht so viel reden." 62 Jahre lang war er mit der Gewerkschafterin Christine Koschnick verheiratet, mit der er einen Sohn hat. Länger blieb er nur der SPD treu: 66 Jahre.

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