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Blick am frühen Mittwochmorgen auf eine Bande mit der Aufschrift #NousSommesUnis (Wir sind vereint) in der verlassenen HDI-Arena in Hannover. Hier sollte am Vorabend das Länderspiel Deutschland gegen Niederlande stattfinden.

© dpa

Absage Länderspiel in Hannover: Französische Sicherheitsdienste warnten vor Szenario wie in Paris

Die Warnungen aus Frankreich, die zur Absage des Länderspiels Deutschland gegen die Niederlande führten, waren massiv. Der Innenminister wollte offenbar eine Massenpanik vermeiden.

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Sowohl Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) als auch sein Innenminister Boris Pistorius halten sich am Tag nach dem abgesagten Länderspiel an die Linie des Bundesinnenministers. Thomas de Maizière hatte sich am Dienstagabend betont wortkarg gegeben und keine konkreten Gründe zur Absage des Fußballspiels genannt, weil diese Gründe "die Bevölkerung verunsichern würden".

Wie de Maizière forderte auch Pistorius dagegen einen "Vertrauensvorschuss" seitens der Öffentlichkeit für die Sicherheitskräfte. Auf Fragen, ob die Informationen durch den französischen Geheimdienst bereitgestellt worden seien, sagt Pistorius: "Ich werde eine Teufel tun und das bestätigen oder dementieren".

Das Szenario, das nun in Sicherheitskreisen allerdings beschrieben wird, lässt die Worte de Maizières zumindest nachvollziehbar erscheinen. Auch wenn der Minister mit seinem Versuch, Panik vorzubeugen, am Dienstagabend erst recht Schreckensfantasien anfachte. Denn die Warnungen des französischen Nachrichtendienstes, offenbar handelte es sich um den DGSE, waren massiv.

Die Franzosen prophezeiten demnach aufgrund der Hinweise von Informanten einen Alptraum, der dem Terrorangriff in Paris nahe gekommen wäre. Islamisten planten, Sprengstoff in ein Fahrzeug zu schmuggeln, hieß es. Und zwar in einem Fahrzeug, für das die Polizei einen Berechtigungsschein für das Stadiongelände in Hannover ausgestellt hätte. Vom Krankenwagen bis zum Ü-Wagen eines Fernsehsenders hätte das fast alles sein können, was nicht zur Polizei gehört. Das präparierte Fahrzeug sollte laut französischer Quellen am Stadion abgestellt werden und dort zur Explosion gebracht werden.

Zusätzlich übermittelte der französische Nachrichtendienst dem Bundesinnenministerium offenbar Informationen darüber, dass zusätzlich Terroristen an mehreren Punkten in Hannover zuschlagen könnten. Die Franzosen sprachen offenbar auch von einem Iraker, der als terroristischer „Schläfer“ in der Nähe von Hannover lebe. Der Polizeipräsident der Stadt, Volker Kluwe, informierte kurz alle Veranstalter von Konzerten in der Stadt und empfahl, die Veranstaltungen abzusagen. Der Rat wurde aber nicht überall befolgt. Das Konzert des Jazzers Maceo Parker fiel aus, ebenso eine Lesung von Helge Schneider. Der Auftritt der „Söhne Mannheims“ in der TUI-Arena fand jedoch statt.

Sicherheitskreise nehmen Warnungen aus Paris weiterhin sehr ernst

Hätten de Maizière oder der niedersächsische Innenminister Pistorius dieses Szenario schon am Abend genannt, als die Polizei noch Fahrzeuge am Stadion untersuchte, viele Fußballfans auf dem Heimweg waren und die "Söhne Mannheims" schon spielten, wäre eine Massenpanik in Hannover nicht auszuschließen gewesen.

Ob die Warnungen des französischen Geheimdienstes zutrafen, bleibt offen. Wie die Polizei in Hannover am Mittwochmorgen erklärte, erfolgten in der Nacht keine Festnahmen und es wurde auch kein Sprengstoff gefunden. Sicherheitskreise betonen allerdings, man nehme die Informationen aus Paris weiterhin sehr ernst, die Gefahr ist womöglich noch nicht vorüber.

Boris Pistorius bekräftigte am Mittwoch, "angesichts der Zuspitzung der Bewertungslage gab es nur die Möglichkeit, das Spiel abzusagen". Darüber, dass es weder zu einer Festnahme noch einem Sprengstofffund gekommen ist, sei er "eigentlich froh".

Es sei aber auch so: "Großveranstaltungen vor Paris hatten andere Bewertungsmaßstäbe als jetzt." Trotzdem dürfe man nicht in Panik verfallen, sondern müsse auch künftig "jede Veranstaltung einzeln beleuchten".

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