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Der Amerikaner David Beversluis ist der einzige Arzt an Bord der Aquarius.

© Kenny Karpov/SOS Mediterranee

Rettungsschiff auf dem Mittelmeer: „80 Passagiere sind seekrank, viele leiden an Verbrennungen“

David Beversluis ist der einzige Arzt an Bord des Rettungsschiffs „Aquarius“ auf dem Mittelmeer. Dort hat sich die Stimmung beruhigt, seit klar ist, dass Spanien die Flüchtlinge aufnehmen will.

Die Odyssee der Aquarius auf dem Mittelmeer dauert an, das Rettungsschiff ist mittlerweile seit knapp einer Woche unterwegs. „Die Aquarius befindet sich mit 106 aus Seenot geretteten Personen an Bord derzeit westlich von Sardinien“, teilte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen am Freitag mit. Aufgrund des hohen Wellengangs habe das Schiff seine ursprüngliche Route auf dem Weg nach Spanien erneut ändern müssen.

Nachdem Italien und Malta Anfang der Woche die Aufnahme der Schiffbrüchigen verweigert und ein Hafenverbot ausgesprochen hatten, erklärte die spanische Regierung kurze Zeit später, dass das Schiff im Hafen von Valencia anlegen dürfe.

Ursprünglich hatten sich an Bord des Schiffes, das von SOS Mediterranée und Ärzte ohne Grenzen betrieben wird, mehr als 600 Flüchtlinge befunden. „523 von ihnen konnten am Mittwoch an je ein Schiff der italienischen Küstenwache und eines der italienischen Marine übergeben werden“, sagte Stefan Dold, Pressesprecher von Ärzte ohne Grenzen. Auch diese beiden Boote seien nun mit Kurs auf die spanische Küste unterwegs und würden die Flüchtlinge dort an Land bringen.

„Auf der Aquarius verblieben 51Frauen, 45 Männer und zehn Kinder“, berichtet Dold. Seit der Großteil der Flüchtlinge auf die italienischen Schiffe verteilt werden konnte, sei die Lage auf der Aquarius entspannter. Nachdem das Essen zeitweise knapp wurde, weil viel zu viele Menschen auf dem Schiff untergebracht waren, habe ein Schiff der italienischen Küstenwache am Donnerstagabend Lebensmittel auf die Aquarius gebracht.

Viele Menschen konnten nicht schwimmen

Allerdings sei das Team des Schiffes mittlerweile sicher, dass seit der dramatischen Rettungsaktion in der Nacht zum Sonntag zwei Menschen vermisst werden, „die mit Sicherheit ertrunken sind“. Während der Rettung war ein Schlauchboot kaputt gegangen und 40 Menschen „befanden sich in der Dunkelheit im Wasser“, sagt Dold. Auch David Beversluis bestätigt das Unglück. Der 36-jährige Mediziner war dabei, als das Schlauchboot havarierte. „Viele Menschen, die ins Wasser gefallen waren, konnten nicht schwimmen“, berichtet Beversluis gegenüber dem Tagesspiegel am Freitag am Telefon. Die Crew habe ihnen Schwimmwesten zugeworfen und versucht, alle zu retten. Doch dies sei in der Dunkelheit sehr schwierig gewesen. Im Laufe der seither vergangenen Tage habe sich dann durch die Gespräche mit den Flüchtlingen herausgestellt, dass zwei Menschen vermisst werden.

Viele Flüchtlinge haben Hautverbrennungen

Beversluis ist Amerikaner, er wird drei Monate an Bord des Rettungsschiffs bleiben. Der aktuelle Einsatz ist sein erster auf dem Mittelmeer, er ist der einzige Arzt an Bord. „Seit die Menschen wissen, dass wir Kurs auf Spanien nehmen, sind sie beruhigt“, erzählt er. Derartige Informationen würden in verschiedenen Sprachen kommuniziert, man versuche, so transparent wie möglich zu arbeiten.

„Etwa 80 Passagiere leiden wegen des hohen Wellengangs an Seekrankheit“, berichtet er. Viele der Flüchtlinge hätten außerdem Hautverbrennungen, entstanden durch die Mischung aus Benzin und Meerwasser auf See. Mit dem Doktor arbeiten drei Krankenschwestern und eine Hebamme auf der Aquarius. „Sechs der Frauen sind schwanger, aber bei keiner von ihnen steht die Geburt kurz bevor“, sagt er. Neben dem medizinischen Personal gebe es an Bord außerdem zehn Mitarbeiter von SOS Mediterranée und die Crew.

Beversluis ist "glücklich, helfen zu können"

Wenn die Aquarius wie geplant am Sonntag die spanische Küste erreicht, verweilen Beversluis und seine Kollegen nicht lange. Eine Pause, so sagt er, sei nicht nötig. Die Aquarius werde gebraucht, im zentralen Mittelmeer. „Ich bin wirklich glücklich, dass ich helfen kann. Und das heißt, das wir schnell wieder zurück müssen.“

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