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Der Reisekonzern TUI hat sich bereits Staatshilfen in Milliardenhöhe gesichert.

© dpa

75 Unternehmen wollen Staatsbeteiligungen: Macht den gleichen Fehler nicht noch einmal

Die Treuhand-Erfahrung hat gezeigt: Der Staat kann nur Zeit kaufen. Aber Unternehmen nicht für den Strukturwandel fit machen. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Ursula Weidenfeld

In der Warteschlange wird es eng. 75 Firmen haben in der Coronakrise schon beim Staat wegen einer Beteiligung angeklopft,  bei 15 steht der Einstieg  des neuen Wirtschaftsstabilisierungsfonds oder der staateseigenen KfW-Bank offenbar kurz bevor. Noch ist Deutschland zwar weit von einer Auferstehung der Treuhandanstalt entfernt. Doch es ist Zeit, sich an die Erfahrungen mit der DDR-Wirtschaft zu erinnern. 

Ist der Staat ein guter Unternehmer? Nein. Nach der ersten Privatisierungsphase, in der die Premiumkombinate der DDR aufgespalten und verkauft wurden,  versuchte sich die Treuhandanstalt als Saniererin, als Qualifizierungsbetrieb für Arbeitnehmer, als Unternehmerin.

Es hat nicht viel geholfen. Das Ende kam für die meisten Firmen nur ein bisschen später. Nur 36 der 500 größten deutschen Unternehmen firmieren heute in Ostdeutschland. Der Staat als Unternehmer hat den Verfall nur verzögern, nicht aufhalten können – trotz des allergrößten Bemühens. 

Dennoch tritt die Regierung nun wieder an, Unternehmen unter ihre Fittiche zu nehmen. Lufthansa und TUI, und demnächst vielleicht auch ThyssenKrupp, wollen sich mit Eigenkapital aus der öffentlichen Hand helfen lassen.

Die Commerzbank ist ein abschreckendes Beispiel für Staatsbeteiligung

In einem Beteiligungsfonds namens „Best Owner Group“ sollen mittelständische Automobil-Zulieferer für die Zeit des Strukturwandels vom Verbrenner- zum Elektromotor unterkommen können. Investieren sollen hier Pensionskassen, Versicherungen – und, wenn deren Interesse nicht reicht, die KfW. 

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Es ist richtig, dass der Staat in der aktuellen Lage eine besondere Verantwortung für die Wirtschaft hat. Doch nicht nur in der Treuhandanstalt scheiterte das Vorhaben, gegen den Markt anzuarbeiten. Auch die substanzielle Staatsbeteiligung bei der Commerzbank scheint den Sanierungseifer dort so gebremst zu haben, dass mehr als zehn Jahre nach dem Engagement immer noch kein tragfähiges Geschäftsmodell in Sicht ist.

Es gibt in der jüngeren Vergangenheit kaum Beispiele eines gelungenen Staatsengagements. Der Einstieg des Landes Niedersachsen in die spätere Salzgitter AG ist die eine, die kurzfristige Beteiligung des Stadtstaates Hamburg an der Beiersdorf AG die andere Ausnahme. In beiden Fällen zog sich der Staat schnell wieder zurück. Die anderen Fälle – die Bankgesellschaft, der Baukonzern Philipp Holzmann, die bayerische Maxhütte – endeten ähnlich desaströs wie die Industriebeteiligungsgesellschaften in Ostdeutschland. 

Als Unternehmer kann der Staat nur eines: ein wenig Zeit kaufen. Wenn die Zeiten sich aber grundlegend wandeln, ist er hilfloser als die Kapitalisten, gegen die er antritt.  

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