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Gesundheitsminister Lauterbach will die Zahl der Krankenhäuser deutlich reduzieren.

© Imago/Chris Emil Janßen

50 Milliarden Euro für notleidende Kliniken: Lauterbach krempelt medizinische Versorgung um

Deutschlands Krankenhäuser stehen vor einer Insolvenzwelle. Mit einer großen Strukturreform will Gesundheitsminister Lauterbach gegensteuern – und mit viel Geld.

Der Handlungsdruck für Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist hoch, denn Deutschlands Kliniken geht es schlecht. Erst am Donnerstag hatte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erneut vor bis zu 80 Klinikinsolvenzen in diesem Jahr gewarnt. 500 Millionen Euro Miese machten alle Häuser zusammen derzeit pro Monat, sagte DKG-Chef Gerald Gaß.

Ein unkontrolliertes Kliniksterben will Lauterbach mit einer großen Krankenhausreform verhindern. Am Freitag konnte der Gesundheitsminister endlich seinen lange erwarteten Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung der Ampelkoalition geben. Der Referentenentwurf liegt dem Tagesspiegel vor.

Lauterbach will die Finanzierung der Häuser grundlegend ändern. Derzeit erhalten die Kliniken für Patienten sogenannte Fallpauschalen, die aber wegen der hohen Preissteigerungen für viele Häuser nicht auskömmlich sind. Zukünftig sollen die Krankenhäuser auch für das Vorhalten von Betten, medizinischem Personal und Equipment Geld bekommen. Die sogenannte Vorhaltevergütung soll 60 Prozent der Einnahmen ausmachen.

Mehr Geld für die großen Kliniken

Geld gibt es unter anderem für Intensiv-, Kinder-, Geburtshilfe- und Schlaganfallstationen. Dafür müssen die Krankenhäuser in diesen Bereichen aber auch eine ausreichende Expertise haben. Künftig sollen die Kliniken deshalb in verschiedene Leistungskategorien eingeteilt werden – wie genau ist noch offen.

Lauterbachs Reform zielt auch darauf, dass wenig ausgelastete Standorte schließen. Viele kleinere Krankenhäuser auf dem Land sollen zu „sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen“ werden – letztlich eine Art Ärztehaus mit viel ambulanter Versorgung und einer kleinen Pflegestation. Hier wären künftig allenfalls kleinere Operationen möglich. Patienten sollen Stationen der Inneren Medizin und der Allgemeinen Chirurgie aber weiter in höchstens 30 Minuten per Auto erreichen können. Für die übrigen Leistungsgruppen soll die Fahrzeit maximal 40 Minuten betragen.

Um diesen Umbau zu finanzieren, will Lauterbach ab 2026 für zehn Jahre einen Transformationsfonds über 50 Milliarden Euro einrichten. Die Hälfte des Geldes soll von den Ländern kommen, die andere Hälfte aus dem Gesundheitsfonds – also primär von den gesetzlichen Krankenkassen. Letztlich werden damit Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Klinikreform mit höheren Beiträgen mitfinanzieren.

Zahlen am Ende die Beitragszahler?

Lauterbachs SPD möchte darüber noch mal sprechen. „Wichtig ist uns, dass dieser Gesundheitsfonds – wie in unserer Koalitionsvereinbarung vereinbart – auch mit entsprechenden Bundesmitteln gespeist wird“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher Christos Pantazis dem Tagesspiegel. Im parlamentarischen Verfahren werde man auch darüber reden müssen, „ob der Bund mehr Geld in den Gesundheitsfonds einspeisen muss, um diese Jahrhundertreform mitzufinanzieren“.

Bei den Grünen sieht man hierfür keine Spielräume. Dass die Länder und die gesetzliche Krankenversicherung die Reform mitfinanzierten, sei konsequent und sachgerecht, sagte der gesundheitspolitische Sprecher Janosch Dahmen dem Tagesspiegel. „Darüber hinausgehende Investitionen des Bundes sind durch die zur Zeit bestehenden verfassungsrechtlichen Regeln zur Schuldenbremse nicht möglich.“

Pantazis und Dahmen loben zugleich Lauterbachs Reformansatz. Seine Vorgänger hätten Geld mit der Gießkanne verteilt, statt die Strukturprobleme effektiv anzugehen, sagte Pantazis. „Kein Land in der EU gibt so viel für seine Kliniken aus wie wir“, betonte Dahmen. „Trotzdem schreiben viele Kliniken rote Zahlen.“ Mit der Krankenhausreform werde man nun die wirtschaftliche Existenz der bedarfsnotwendigen Krankenhäuser absichern und die Versorgungsqualität flächendeckend sicherstellen.

DKG-Chef Gerald Gaß kritisierte hingegen, dass Lauterbachs Gesetzentwurf für die Krankenhäuser keine Entlastung in diesem Jahr vorsieht. „So wird Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach den kalten Strukturwandel und die Gefährdung der Patientenversorgung sicher nicht aufhalten“, sagte Gaß.

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