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Im Ausschuss wurde das Video gezeigt, in dem sich Donald Trump zu Wort meldete.

© SAUL LOEB/AFP

Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das Kapitol: 187 Minuten Untätigkeit

Der Untersuchungsausschuss zum Angriff auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 zeigt, wie Donald Trump den Mob gewähren ließ – um an der Macht zu bleiben.

Es ist noch nicht vorbei. Am Donnerstagabend (Ortszeit) machte der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das US-Kapitol in Washington nicht nur deutlich, dass es angesichts neuer Zeugen und Beweise im September weitere Sitzungen geben wird.

Adam Kinzinger, einer von zwei Republikanern in dem neunköpfigen Gremium des Repräsentantenhauses, kündigte zudem an, dass es Empfehlungen geben werde, wie sich so etwas wie der 6. Januar 2021 verhindern lasse. Denn: Die Geister, die Donald Trump an jenem Tag gerufen habe, seien nicht verschwunden.

Im September soll es nun doch weitere Sitzungen geben

Bei der letzten öffentlichen Anhörung vor der Sommerpause, die zur besten Fernsehzeit übertragen wurde, zeichnete der Ausschuss nach, was der damalige Präsident in den 187 Minuten unternahm, nachdem er von dem Angriff auf das Kongressgebäude gehört hatte. Oder genauer: Was er unterließ.

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Denn der Republikaner weigerte sich drei Stunden lang, die von ihm aufgestachelten Gewalttäter zum Aufgeben aufzufordern. Als er sich nach den flehentlichen Bitten vieler seiner Berater, darunter auch Tochter Ivanka, mit einem Video zu Wort meldete, tat er es widerwillig – und erklärte, die Angreifer seien besondere Leute, die er „lieben“ würde.

Für die Zeugin Sarah Matthews, damals die stellvertretende Sprecherin des Weißen Hauses, war das nach eigenen Angaben der Punkt, an dem sie sich zum Rücktritt entschied. Das berichtete die 27-Jährige am Donnerstag in der Anhörung.

[Lesen Sie auch: Trump-Comeback trotz Lügen, Putsch, Verrat: Alles Wurst in den USA? (T+)]

Auch der zweite Zeuge, der ehemalige stellvertretende Nationale Sicherheitsberater Matthew Pottinger, erklärte, an diesem Tag sei ihm klargeworden, dass er seinen Posten aufgeben musste – obwohl er die Außenpolitik Trumps unterstützt habe. Aber dessen Tweet, in dem er Vizepräsident Mike Pence als Feigling attackierte, obwohl die Lage im Kongress bereits eskaliert war, sei zu viel gewesen.

Da war der Mob mit „Hängt Pence“-Rufen auf der Suche nach dem Vizepräsidenten, weil der sich Trumps Wunsch widersetzt hatte, ihm und nicht Joe Biden bei der Kongresssitzung an diesem Tag den Wahlsieg zuzuerkennen.

Die Situation war so bedrohlich, dass Secret-Service-Beamte von Pence ihre Familien anriefen, um sich zu verabschieden, wie ein anonymer Sicherheitsbeamter in einer aufgezeichneten Aussage berichtete.

Pence, nicht Trump, forderte Verstärkung an

Gezeigt wurden weitere Aussagen, etwa die des damaligen Generalstabschefs Mark Milley. Der bestätigte, dass Trump zu keinem Zeitpunkt Unterstützung durch die Nationalgarde angefordert hatte. Vielmehr war es Pence, der das Verteidigungsministerium dazu drängte.

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Interessant ist, dass dieser Aufforderung schließlich nachgekommen wurde, obwohl der Vizepräsident dazu gar nicht befugt war. Trumps Stabschef Mark Meadows fühlte sich immerhin bemüßigt, Milley anzurufen, um ihm klarzumachen, man müsse das „Narrativ“ streuen, dass der Präsident immer noch das Sagen habe.

Trump verletzte seine Amtspflicht

Trumps Verhalten war nicht nur absurd, es war, wie der Abgeordnete Kinzinger betonte, auch eine bewusste Entscheidung – und eine Amtspflichtverletzung.

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Absurd war auch das Verhalten anderer Republikaner an diesem Tag, und der Ausschuss führte einige von ihnen vor. Besonders peinlich wurde es für Senator Josh Hawley, von dem erst das bekannte Foto, wie er die Demonstranten beim Betreten des Kapitols am 6. Januar mit einer Siegerfaust begrüßte, eingeblendet wurde. Er unterstützte Trumps Behauptung, die Wahl sei gestohlen worden, und wollte, dass Pence Bidens Sieg nicht zertifizierte.

Anschließend spielte der Ausschuss ein bisher unbekanntes Video ab, das große Erheiterung bei den Zuschauern auslöste. Es zeigt, wie Hawley eine Stunde später aus dem Sitzungssaal rennt. Dem Senator werden selbst Ambitionen auf das Weiße Haus zugeschrieben – im Internet ist er schon jetzt ein Hit.

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