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Ende der Glühlampe: Zum Grünsein gezwungen

In der EU wird beim Umweltschutz mit zweierlei Maß gemessen: Während Auto-, Energie- und Lebensmittelkonzerne selbst entscheiden können, wie grün sie sein wollen, werden die Verbraucher zum Grünsein gezwungen. Der Fall der Glühlampe offenbart, dass in Brüssel Märkte mehr zählen als Menschen.

Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war.“ Wofür der Herr nur einen Satz und sein Botschafter Mose keine zwei Verse brauchte, braucht die moderne Kompaktleuchtstofflampe, vulgo Energiesparlampe, bis zu 30 Sekunden. So also sieht Fortschritt aus.

Es wäre ein Fest, am heutigen Tage die Tüftler des 19. Jahrhunderts – von James Brown Lindsay bis Thomas Alva Edison – zu ehren, jene Männer, die dem Glaskolben mit Glühwendel zur globalen Verbreitung verhalfen. Man könnte philosophieren, warum Fachleute sich leidenschaftlich darüber echauffieren, dass die große Mehrheit nicht „Glühlampe“ sagen mag, sondern „Glühbirne“. Man könnte es leichtnehmen und schlicht würdigen, dass dieses Ding der Menschheit Licht per Knopfdruck gebracht und so Zeit für die feinen Dinge des Lebens geschenkt hat – aber, dass Fortschritt eben schreitet und es heute schnellere, effizientere und schönere Produkte gibt und es somit Zeit wird, sich von der Birne zu verabschieden. Doch so leicht ist es nicht.

Entscheidend dabei sind weniger die technischen Unzulänglichkeiten der Energiesparlampe, die ja auch vor schon vor mehr als 20 Jahren von Osram auf den Markt gebracht worden ist. Es lohnt kaum, den alten Quecksilber-Streit fortzuführen: Bekommen Kinder nun Krebs, wenn so eine Leuchte bricht und das Giftmetall entweicht? Oder wiegt mehr, dass weniger Quecksilber in die Umwelt gelangt, da auch weniger schmutzige Kohle zur Stromerzeugung verfeuert werden muss? Niemand kennt die Antwort. Und die Lichtfarbe: Herrgott, man gewöhnt sich an alles und es gibt ja tatsächlich Energiesparlampen, LEDs und OLEDs, die kuschelwarmes Licht machen.

Nein, es ist die Art und Weise, mit der uns EU-Europäern der Abschied oktroyiert worden ist. Bei der EU-Verordnung 244/2009, die das schrittweise Verkaufsverbot jeweils zum 1. September regelt, geht es um nichts Großes wie Krieg und Frieden und nichts Kleines wie die Krümmung von Salatgurken. Hier geht’s um alles: ums Licht. Nichts ist uns näher.

Gerade im Umgang der Bürokratie mit vermeintlich banalen Alltagsprodukten wie Trinkwasser oder Leuchtmitteln zeigt sich, wie weit Bürger ihren Institutionen vertrauen können. Wir Europäer dürfen erwarten, dass die Angelegenheit zumindest im Sinne der Gemeinschaft geregelt wird – mag eine Verordnung auch Privatinteresse widersprechen. Beim Thema Glühlampe hat die EU komplett versagt. Der Fall offenbart, dass in Brüssel Märkte mehr zählen als Menschen.

Das endgültige Aus der Glühbirne kam per EU-Verordnung.

© dpa

Dieser Logik folgend hat die Kommission in diesem Jahr etwa die deutschen Autobauer verschont: Deren spritschluckende Modelle müssen sich dem Ziel Klimaschutz kaum noch unterwerfen. Auch Energie- und Lebensmittelkonzerne bestimmen dank guter Lobbyarbeit weitgehend selbst, wie grün sie sein wollen. Verbraucher aber werden zum Grünsein gezwungen. Per Verordnung wird den führenden Herstellern Osram und Philips ein Milliardenmarkt für ihre technisch noch unausgereiften Produkte geschaffen.

Die Stiftung Warentest hat nun wieder bestätigt, dass Verbraucher beim Leuchtmittelkauf keinen Anhaltspunkt haben, Qualität von Ramsch zu unterscheiden. Sie werden also von der Politik bevormundet und vom Markt allein gelassen. Wenigstens die Politik sollte sich wieder an die Seite der Bürger stellen und die Richtlinie kassieren. Verbraucher würden dann zu altbewährten Produkten greifen – solange bis den Ingenieuren von Osram & Co. endlich ein Licht aufgeht.

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