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Wulff bleibt weiter unter Druck. Schuld ist seine fehlende politische Intelligenz, sagen Beobachter.

© dpa

Krieg gegen Medien: Wulff fehlt es an politischer Intelligenz

Es wird viel geheuchelt dieser Tage in der Causa Wulff – auf beiden Seiten der längst nicht immer scharfen Trennlinie zwischen Medien und Politik.

Zuerst einmal: Kostenlose Urlaube bei Freunden sind kein aus der Welt gefallenes Fehlverhalten, und wer da immer für das Ferienhaus auf Mallorca eine Rechnung vom besten Freund verlangt, der werfe den ersten Stein. Mag sein, dass Bettina Schausten vom ZDF sich so verhält, wie sie im Interview mit Christian Wulff selbstgerecht kundtat – normal ist das unter Freunden und Privatleuten nicht.

Ganz anders ist die Frage zu beantworten, ob es für einen Ministerpräsidenten oder gar Bundespräsidenten klug ist, solche Freundschaftsdienste in Anspruch zu nehmen, sich also abhängig zu machen von Freunden, die vielleicht nicht immer solche zu sein versprechen. Und auch jener Anruf bei „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann bedarf der Einordnung im wirklichen Leben. Wer jemals auf der Seite der Politik oder der Medien Verantwortung getragen hat, weiß, dass Beschwerden von Politikern über angeblich unfaire Berichterstattung an der Tagesordnung sind. Denn Politiker beurteilen Medien allein danach, wie sie beim Aufstieg helfen können. Da macht der Christdemokrat Christian Wulff keine Ausnahme. Politiker finden folglich, dass positive Medienberichte objektiv sind, negative dagegen falsch, inkompetent und unfair. Bei kleineren Zeitungen versucht man es oft mit Beschwerden bei Herausgeber oder Chefredaktion. Fruchtet das nicht, werden die „Großen“, also Konzernmutter und deren maßgebende Persönlichkeiten eingeschaltet, natürlich alles, um eine im Sinn des Politikers „objektive“ Berichterstattung, also das Gute an sich, durchzusetzen.

Dass Helmut Kohl deswegen die Magazine aus Hamburg nicht mochte, weil das dort nicht funktionierte, ist bekannt. Dass er bei einer führenden deutschen Zeitung einen ihm nicht genehmen Leiter des Bonner Büros verhinderte, wohl weniger. Es sind eben nicht alle Herausgeber so druckunempfindlich, wie das gern in der Öffentlichkeit ausgestellt wird. Wenn Politik, in welch demokratischen Ländern auch immer, über die Pressefreiheit wachen müsste, sähe es für diese schlecht aus. Der französische Präsident hätte da wohl noch weniger Skrupel als der deutsche.

Nein, es sind nicht die vielen kleinen menschlichen Schwächen des Aufsteigers, die ihn für das Amt des Bundespräsidenten ungeeignet erscheinen lassen. Es ist seine mangelnde politische Intelligenz. Zu glauben, dass man als Politiker einem Medienkonzern den Krieg erklären kann, um wie einst Cäsar mit seinen Legionen dem Senat von Rom seinen Willen aufzuzwingen, verrät ein so großes Maß an Einfalt und Selbstüberschätzung, dass es da nichts mehr aufzuklären oder geradezurücken gibt, und auch Entschuldigungen die verlorene Kompetenz nicht zurückbringen.

Die Gnade einer zweiten Chance mag ein Lernender beanspruchen, einem langjährigen Berufspolitiker gebührt sie nicht. Für den Drohanruf des Bundespräsidenten bei Kai Diekmann gilt das zynische Wort Talleyrands über die Ermordung des Herzogs von Enghien durch den Ersten Konsul: Es war schlimmer als ein Verbrechen, es war eine Dummheit. Allerdings einen dummen ersten Repräsentanten unseres Staates brauchen wir so wenig wie einen von „Bild“ getriebenen. Nicht sein Rückzug, sein Bleiben könnte so zur Staatskrise werden.

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