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Andreas Austilat.

© Doris Spiekermann-Klaas

Meine Frau, ihr Garten und ich: Vintage für drinnen und draußen

Neulich stand in der Zeitung, dass die Geschichte des Gartenzauns 1500 Jahre zurückreicht. Begonnen haben soll sie auf den britischen Inseln, erst 500 Jahre später breiteten sich Zäune allmählich im Rest Europas aus.

Von Andreas Austilat

Dass das so lange gedauert hat, dafür habe ich volles Verständnis. Unser Zaun zum Beispiel müsste dringend instand gesetzt werden, aber seit anderthalb Jahren drücke ich mich erfolgreich vor dieser Arbeit. Ja, ich habe sogar Angst davor, seit ich weiß, dass von mir erwartet wird, die neuen Zaunpfosten einzubetonieren. Kann ich das? Ich bin nicht sicher. Dabei drängt die Zeit, bei fortschreitendem Verfall könnte es nämlich passieren, dass der Hund eines Tages den Briefträger erwischt. Warum auch immer, auf den hat er es wirklich abgesehen.

Nun, ich bin nicht allein schuld an der Verzögerung. Meiner Frau schwebt nämlich nicht irgendein Zaun vor, sie möchte etwas Altes, Vintage sozusagen. Und das hofft sie preiswert gebraucht zu kriegen. Wehalb sie aufmerksam den ebay-Kleinanzeigenmarkt verfolgt. Bisher hatte sie da keinen Erfolg, das muss nicht so bleiben.

Zum Glück ist es derzeit sowieso zu kalt für irgendwelche Außenarbeiten. Außerdem hat meine Frau im Haus genug zu tun. Da steht sie im Moment auch auf Vintage. So hatte sie beschlossen, kein Bücherregal von Ikea mehr zu wollen, sondern etwas Antikes, mit mehr Seele. Tatsächlich entdeckte sie nach wochenlanger Suche einen Bücherschrank im Kleinanzeigenmarkt. Begeistert zeigte sie mir die Abbildung auf ihrem Smartphone, da sah der ganz harmlos aus.

Gemeinsam fuhren wir quer durch die Stadt, um das gute Stück anzuschauen. Es stand in den Lagerräumen einer Bäckerei in Staaken. Ein Mordstrumm, ich war schockiert. „Den kriegen wir nie ins Auto“, sagte ich. Aber der Verkäufer hatte einen Lieferwagen und brachte das gewaltige, von einem Schmuckfries gekrönte Möbel zu uns nach Hause. Bis in den Flur ging es leicht. Doch im Treppenhaus bohrte sich der Fries in die Wand, unten steckte der Sockel im Geländer, nichts ging mehr, weder vor noch zurück.

An dieser Stelle zeigte sich, dass der Bücherschrank wirklich alt war. Er stammte offenkundig aus einer Zeit, als Möbel noch nicht mit einem Sechskant nach Belieben auseinander- und wieder zusammengeschraubt werden konnten. Wir riefen einen befreundeten Tischler an, und der verwandelte unsere Neuerwerbung mit krachenden Hieben in eine Art 3-D-Puzzle. Ich verstand nur nicht ganz, warum wir dafür einen Tischler gebraucht hatten. Traurig schaute ich auf den Haufen Bretter, der mich kurz zuvor noch über 200 Euro gekostet hatte.

Doch meine Frau baute den Schrank binnen einer Woche ganz allein wieder auf. Ich muss zugeben, er sieht recht schmuck aus. Jetzt guckt sie voller Tatendrang nach draußen. Hoffentlich taut es nicht so bald.

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