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Uli Hoeneß gestand am Montag, nicht 3,5 sondern 18,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen zu haben.

© AFP

Steuerprozess gegen FC-Bayern-Präsident: Uli Hoeneß' Beichte kommt zu spät

Uli Hoeneß hat rund 18,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen - sagt er jetzt. Von der Zockerei hat er sich wohl losgesagt, Geschäftsmann mit Sportsgeist ist er immer noch. Er taktiert, auch wenn es nicht mehr viel zu gewinnen gibt.

Einen echten Profi erkennt man daran, wie gründlich er arbeitet. Macht er reinen Tisch, dann macht er ihn nicht einmal, sondern gleich zwei- oder dreimal. Uli Hoeneß ist so ein Profi. Ein Profi der Beichte.

Am Montag hat er vor Gericht erneut reinen Tisch gemacht. Jetzt steht die Zahl von 18,5 Millionen Euro im Saal, vorläufig errechnet aus zehntausenden Bankpapieren. Zur überraschenden Zahl wird erwartbare Reue präsentiert. Hoeneß hofft noch immer auf einen Handel.

Von der Zockerei mag er sich losgesagt haben, Geschäftsmann mit Sportsgeist ist er geblieben. Er taktiert, auch wenn es nicht mehr viel zu gewinnen gibt. Selbstverständlich gilt auch für ihn, den großen Bekennenden, die Unschuldsvermutung. Doch selbst die besten Vermutungen zu seinen Gunsten braucht er langsam auf. Man erinnert sich an sein Interview, in dem er sich als Krankheitsfall schilderte, mitsamt Sohn als Testimonial. Er erzählte von seinem schlechten Gewissen, dem inneren Druck, der ihn zur Selbstanzeige beim Finanzamt trieb.

Na klar, in der Eile könnten Fehler passiert sein.

Aber aus seiner Sicht war alles in Ordnung.

15 Millionen „on top“

Seit damals hat sich die Steuerschuld auf wundersame Weise multipliziert, und man darf fragen, wann Hoeneß, wie er selbst sagt, den Überblick wirklich verloren und wann er ihn nicht doch behalten hat. Schließlich liefen monatelange Ermittlungen, in denen der Beschuldigte zur Aufklärung umfassend hätte beitragen können. Stattdessen lässt er die Staatsanwaltschaft ihre Zahl von 3,5 Millionen wie ein Staatsgeheimnis hüten und dann kurzerhand per Anwalt mitteilen, nunmehr kämen noch einmal 15 Millionen „on top“, wie es im Gerichtssaal hieß.

Hoeneß hat dazu kurz vor Prozessauftakt Dokumente nachgereicht. Zumindest ist nicht auszuschließen, dass seine Strategie auch nach seiner Zeitungsbeichte noch eine andere war. Einen, der bußfertig verkündet, sich ehrlich machen zu wollen, fragt man nicht, ob er dabei auch wirklich ehrlich ist. Weil er ja sonst nicht zur Beichte käme.

Ob der mutmaßliche Steuerhinterzieher Hoeneß in strafbarer Weise die Gemeinschaft geschädigt hat, steht nicht fest; Anzeichen gibt es jedoch, dass er jedenfalls die Gesetze der öffentlichen Beichte verletzt hat, denen zufolge ein gutes Sündengeständnis gesellschaftliche Ächtung ersparen oder mildern kann. Wenn dem so ist, sollte nicht nur er selbst sich prüfen, sondern auch jene, die ihm die Beichte abgenommen haben.

Jeder Hartz-IV-Betrüger steht niedriger

Es kann sein, dass er auch bei dem medialen Spiel um sich selbst ein Falschspieler war. Sympathischer macht ihn das nicht. Das Gericht wird nun mit noch mehr Zweifel Hoeneß’ Selbstanzeige inspizieren. Bestätigen sich die hohen Zahlen, kann es schwer werden, der drohenden Haftstrafe zu entgehen.

Manierlich wurde in den vergangenen Tagen über die Frage gerätselt, nach welchen Compliance-Grundsätzen der Manager seine AG noch führen kann, während Hoeneß selbst darüber räsonierte, die Aktionärsversammlung über sein Schicksal entscheiden zu lassen. Ganz so, als befände sich das, was bisher bekannt war, nicht außerhalb der Verträglichkeit. „Ich bin kein Sozialschmarotzer“, jammert der Angeklagte und sagt damit: Jeder Hartz-IV-Betrüger steht niedriger. Hoeneß verachtet andere, weil er sich selbst nicht mehr verteidigen kann. Man wartet auf den Schlusspfiff.

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