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Alte und junge Hände.

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Bundestag debattiert Sterbehilfe: Wir brauchen Regeln für den Suizid

Der Bundestag soll demnächst entscheiden, wie das Recht auf einen selbstbestimmten Tod verwirklicht werden kann. Das ist eine schwierige, aber überfällige Aufgabe.

Ein Kommentar von Birgit Herden

Eine Pille schlucken, einschlafen und nie wieder aufwachen. Es ist ein uraltes Tabu, an dem die Debatte über die Sterbehilfe rührt; der Wille zum Leben eint alle Lebewesen und prägt auch unser Fühlen und Handeln. Sterben wollen, das widerspricht nicht nur religiöser Glaubenslehre, der Verweigerung haftet etwas Unnatürliches an.

Zugleich überwindet der Mensch seit Jahrtausenden die Biologie, und das ist gut so. Im Urzustand würden die meisten gar nicht das Alter erreichen, in dem sie den Todeswunsch verspüren. Viele Schwerstkranke sterben dank moderner Medizin nicht. Manchen „natürlichen“ Todeskampf ohne Schmerzmittel würde man seinem Feind nicht zumuten.

Da ist es nur konsequent, wenn Menschen wählen dürfen, ob sie leben wollen oder nicht. Und es ist inhuman, ihnen medizinische Hilfe ausgerechnet dann zu verwehren und die Sterbewilligen damit zu zwingen, sich vor Züge zu werfen oder von Häusern zu springen – sofern sie dazu überhaupt noch in der Lage sind.

Selbstverständlich gibt es gute Gründe, die Hilfe beim Sterben nicht leichtfertig zu leisten. Wer einen Unbekannten auf einem Brückengeländer balancieren sähe, würde losrennen und den Lebensmüden zurückreißen. Depressionen kann man behandeln, Trauer lässt sich überwinden, viele akute Krisen heilt die Zeit.

Auch die zuweilen geäußerte Überzeugung, unter diesen und jenen Umständen würde man nicht mehr leben wollen, relativiert sich oft, wenn diese Umstände eintreten. Lebensqualität und Zufriedenheit werden subjektiv empfunden, sind nicht nur Reaktion auf äußere Umstände. Und natürlich kann ein Sterbewunsch durch Vernachlässigung entstehen oder durch den Eindruck, anderen zur Last zu fallen.

All diese Einwände sind aber kein Grund, die Hilfe beim Sterben grundsätzlich zu verweigern. Wer nach reiflicher Überlegung, nach Beratung und Hilfsangeboten, den festen Wunsch äußert, nicht mehr leben zu wollen, der hat Hilfe beim Sterben genauso verdient wie beim Leben. Um das zu gewährleisten, braucht es Regeln, und die zu beschließen ist Aufgabe des Bundestags.

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