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Der Schrecken Europas. Alexis Tsipras will die Bedingungen für Griechenlands Sanierung neu verhandeln. Die Bundesregierung schiebt dem schon jetzt einen Riegel vor.

© dpa

Griechenland-Hilfe: Spiegelfechtereien

Knapp elf Millionen halten 500 Millionen in Atem. Es wird Zeit, dass Athen seine Wirtschaft in den Griff bekommt. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Das sollen wir jetzt wieder alles gut finden, wir, das Volk, der Souverän, und sollen unsere Vertreter im Parlament ermuntern, der nächsten Griechenland-Hilfe zuzustimmen? Dann am besten aber ohne hinzusehen. Was da aus Athen gekommen ist, ob als PDF oder als Brief, einerlei, ist doch nur eine Grundlage für Gespräche darüber, auf welcher Grundlage es neue Kompromisse gibt. So ähnlich vernebelnd klingt die offizielle EU-Reaktion auf den griechischen Vorschlag. Dabei bedeutet das bloß: Es wird verlängert, gezahlt, immer weiter. Vier Monate, bis auf Weiteres, und Weiteres ist wörtlich zu nehmen.

Harte Töne, aber keine ultimative Härte

Seit gut einem halben Jahrzehnt halten knapp elf Millionen rund 500 Millionen in Atem. Und man stelle sich vor: Es gibt keine Alternative! Ein Land, das die Revolution gewählt hat, von dem kann keiner erwarten, dass es sich mal eben selbst und alle seine gewählten Ziele aufgibt. Das ist unrealistisch, das will kein Grieche, erst recht nicht Alexis Tsipras. Der macht doch nicht plötzlich eine ganz andere Politik. „In ein paar Monaten“ wird deshalb einfach zu einem guten Kompromiss zwischen den Forderungen der, sagen wir, deutschen und der griechischen Regierung erklärt, was nie einer sein konnte.

Spiegelfechterei wird zur Paradedisziplin. So wie umgekehrt die Troika nun „die Institution“ heißt. Großartig. Alles bleibt anders, oder auch nicht. Gezahlt werden muss, weil die Alternative wäre: raus aus dem Euro. Das will keiner im Euro-Europa, denn es kann ja niemand genau sagen, was nach einem „Grexit“ wirklich passiert. Und wenn das keiner vorhersagen kann, kein Orakel von Delphi und kein Wolfgang Schäuble, wird der niemals zulassen, dass der Euro, ein Großwerk, ein Lebenswerk, in Gefahr gerät. Harte Töne gegen Tsipras, das schon, aber gewiss keine ultimative Härte.

Knapp elf Millionen halten seit Jahren 500 Millionen in Atem. Es wird Zeit, dass Athen seine Wirtschaft in den Griff bekommt. Das fänden bestimmt 100 Prozent in Europa gut. Dafür reicht aber noch nicht, dass Steuerfahnder demnächst mal die suchen, die ihre Milliarden längst ins Ausland gebracht haben.

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