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Schröder und Putin: Ran an den Freund

Gerhard Schröder legt auch heute noch Wert auf seine Freundschaft mit Wladimir Putin. Diesen Einfluss sollte der Ex-Bundeskanzler nutzen - um die Krise in der Ukraine zu entschärfen.

Gott, soll man Mitleid haben, Mitleid mit Gerhard Schröder? Das könnte man meinen, wenn man seine „Bürgerpredigt“ nachliest, oder zumindest das, was in der „Bild“-Zeitung darüber zu lesen steht. In großen Lettern. Wie er da über die Narben seines Lebens spricht, und dass Politik seine Seele beschädigt habe. Journalistisch gesehen ist das keine Frage: So was wird gelesen. Aber was zu lesen ist, auch zwischen den Zeilen, bedeutet: Schröder, der ehedem Bundeskanzler war, ist mit sich im Großen und Ganzen dann doch im Reinen. Ja, alles war schwierig, vieles wiegt schwer, aber die Entscheidungen von damals hält er heute noch für richtig. Weil man noch größere Schuld auf sich laden kann, wenn man nicht handelt, sagt er. Wenn man Menschen in Not seine Hilfe verweigert. Sagt er. Von der Kanzel.

Eine grenzenlose Männerfreundschaft

Womit wir beim Thema sind. Schröder ist lange schon Aufsichtsratschef der Nord Stream AG, die mehrheitlich der russischen Gazprom gehört. Da verdient er gut. Schröder ist das geworden, weil es der russische Präsident so vorschlug. Wladimir Putin! Der Mann, der Europa in Atem hält. Der Mann, den er umarmt, der ihn umarmt, innig sogar. Es gibt Bilder davon. Putin, das ist der Mann, auf dessen Freundschaft Schröder nach wie vor Wert legt. Für den er öffentlich eingetreten ist. Putin – der alles andere als ein lupenreiner Demokrat ist, der eher als alles andere eine Demokratur errichtet hat. Der sich von den USA schwerwiegende Vorhaltungen machen lassen muss, dass er die Separatisten in der Ostukraine unterstütze, dass Raketen von russischem Territorium abgeschossen würden, und dass er nicht alles in seiner Macht Stehende tue, um die gefährlichste Eskalation in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg zu stoppen. Putin!

Bewegt Schröder Putin wenigstens zum Nachdenken?

Nun, tut der vormalige Bundeskanzler Gerhard Schröder alles, was in seiner Macht steht, um Putin Einhalt zu gebieten? Oder um ihn, wenigstens, zum Nachdenken zu bewegen? Zum Umdenken? Es geht doch hier um Hilfe für Menschen in Not. Sage keiner, ein Staatsmann a. D. könne nichts ausrichten, er habe doch keinen Stab, keine Organisation, die ein dauerhaftes Engagement in solchen Fragen ermögliche. Dieses Argument war auch schon mal da. Dem lässt sich entgegnen, dass sich – um nur ein einziges Beispiel zu nennen – Martti Ahtisaari, der finnische Sozialdemokrat, der sechs Jahre Präsident seines Landes war, nach seiner Amtszeit als Friedensstifter in schwierigsten Missionen verdient machte. Und zur Not gründet man sich dafür eine eigene Organisation. Das Tun zeigt das Wollen.

Steinmeier kann Hilfe gebrauchen

Schröder hat immerhin noch den einen oder anderen Mitarbeiter als Ex-Kanzler. Weil die Verpflichtungen aus diesem Amt übers Ausscheiden hinausreichen; moralische gehören dazu. Die Partei würde ihm vielleicht auch noch aushelfen. Er hat Ämter in der Privatwirtschaft. Die könnte ihm vielleicht auch aushelfen. Schröder kann, wenn er will, sehr hilfreich sein. Und sein alter Buddy Frank-Walter Steinmeier, den er nach seiner eigenen Amtszeit als Außenminister durchsetzte, kann Hilfe gebrauchen. Steinmeier, dem er mal sehr viel Vertrauen entgegenbrachte, und der heute genau wegen seiner engen Verbindung zu ihm, Schröder, leisem Misstrauen seiner Partner im Inland wie im Ausland ausgesetzt ist: Ist Steinmeier hart genug gegenüber Putin? Kann er es sein? Nicht Steinmeier allein, aber auch er braucht Hilfe. Europa benötigt sie, damit der Konflikt an seinen Rändern nicht ausufert. Grotesk ist das,100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg.

Die Sanktionen werden Wirkung haben

Gott, wenn da doch dieser eine wäre, dem es gelänge, Putin endlich klarzumachen, was selbst in seinem Interesse sein sollte: sich nicht weiter zu schwächen. Denn das geht mit der Schwächung der Wirtschaft des eigenen Landes durch Sanktionen des Westens einher. Die Sanktionen werden Wirkung haben. Das Wachstum wird schrumpfen, wird einbrechen, Russland wird in die Rezession geraten, die Menschen werden leiden. Und die Oligarchen werden wütend werden auf Ras Putin. Das sollte ihm ein Freund jetzt in aller Deutlichkeit sagen, wenn nötig wiederholt. Sei es auch um des eigenen Seelenfriedens willen.

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