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Sind Steuererhöhungen ein probates Mittel, die Energiewende zu finanzieren?

© dpa

Energiewende: Öko steuern heißt Ökosteuern

Es geht ums Geld: Öko sein ist teuer. Auch wenn die meisten Deutschen die Energiewende unterstützen, laufen sie Gefahr, sie sich nicht leisten zu können. Für dieses Problem gibt es aber eine Lösung.

Von Anna Sauerbrey

Es wird ernst. Anfangs hieß öko sein, für gesunden Wald und glückliche Tiere und saubere Luft zu sein. Das ist vorbei. Der Sprit ist teuer geworden. Die Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien steigt auf fünf Cent pro Kilowattstunde. Das Biofleisch kostet fast doppelt so viel wie Fleisch aus herkömmlicher Produktion. Die Regenbogen-Romantik tritt im öffentlichen Bewusstsein zunehmend in den Hintergrund, denn es geht jetzt ums Geld. Und damit wird die ökologische Frage zur sozialen Frage.

Der ökologische Umbau der Gesellschaft ist bislang ein Elitenprojekt. Es sind die Postmaterialisten, die ihn vorantreiben, die Bürgerkinder, die mit einem weichen Polster aus Bausparverträgen elternfinanziert studiert haben. Es sind die Wähler der Grünen, die mehrheitlich aus der „wohlhabenden Mittelschicht“ stammen. Es sind jene, die das Glück haben, nicht jeden Euro umdrehen zu müssen.

Und das sind nicht allzu viele. Die meisten Deutschen winken ab, wenn Öko anfängt zu kosten. Eine Umfrage der vergangenen Woche ergab, dass über die Hälfte der Befragten die EEG-Umlage für zu hoch halten. Noch immer wechseln nur wenige Deutsche zu den teureren Ökostromanbietern. Der Anteil von Bio am Lebensmittelmarkt lag im Jahr 2011 bei vier Prozent.

Das liegt nicht am mangelnden Willen. Tatsächlich sind die meisten Deutschen Ökos im Geiste. 93 Prozent halten die Energiewende trotz steigender Preise für ein wichtiges Projekt. Aber Angestellte mit kleinen Gehältern oder die vielen, die „prekär beschäftigt sind“, oder die, die gar nicht beschäftigt sind, können sich den guten Strom und das gute Schnitzel schlicht nicht leisten.

Deshalb ist es gut, dass nun die Frage gestellt wird, wie gerecht die Ökowende wirklich ist. Auch wenn das politische und wirtschaftliche Kalkül derer, die sie stellen, offensichtlich ist: Die Gerechtigkeit, die die Ökobewegung anstrebt, ist primär eine des Ausgleichs zwischen den Generationen. Es geht darum, heute nicht so viel zu verbrauchen, dass für zukünftige Generationen nichts bleibt.

Die Frage der Lastenverteilung in der Gegenwart ist dabei bisher zu kurz gekommen. Jetzt, da der Umbau anfängt, etwas zu kosten, ist es essenziell, das Elitenprojekt zu einem gesamtgesellschaftlichen zu machen. Dazu gehört eine faire Beteiligung aller an den Kosten der Energiewende, also eine strengere Handhabe der Ausnahmen von der EEG-Umlage für Industrie und Unternehmen. Ganz abschaffen können wird man die Ausnahmen nicht. Das Argument, dass Unternehmen international wettbewerbsfähig bleiben müssen, hat seine Berechtigung. Würden Unternehmen mit Lohnkürzungen oder Stellenabbau reagieren, wären wieder vor allem die sozial Schwächeren getroffen.

Um eine stärkere Umverteilung kommt Deutschland also nicht herum. Das fängt an bei der Grundsicherung. Die Pauschalen für die Stromkosten in den Hartz-IV-Regelsätzen sind zu niedrig angesetzt. Auch für die hohen Spritpreise braucht es einen Ausgleich. Natürlich heißt das, dass am anderen Ende der gesellschaftlichen Wohlstandsverteilung die Abgaben steigen werden, zum Beispiel in Form einer Vermögensabgabe oder einer höheren Erbschaftsteuer.

Öko sein, das heißt, für Wald und Tiere und saubere Luft sein. Und das heißt, für höhere Steuern zu sein.

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