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Donald Trump, damals noch Präsident der USA. (Archivbild)

© Foto: AFP/Saul Loeb

Zurück ins Oval Office?: Er steht auf keinem Wahlzettel – und doch geht es heute vor allem um Donald Trump

Ein Sieg der Republikaner bei den Kongresswahlen würde die Gesellschaft weiter polarisieren – und Trump zu erneuter Kandidatur motivieren. Ein Gastbeitrag.

| Update:

Die Weltöffentlichkeit blickt gebannt auf Washington: Können die Demokraten ihre knappen Mehrheiten im Repräsentantenhaus und im Senat verteidigen? Oder gehen die Republikaner als Sieger aus den Kongresswahlen hervor?

Der Ausgang der Midterms dürfte für das Ergebnis der Präsidentschaftswahl in zwei Jahren wegweisend sein und damit signalisieren, ob die USA sich weiter vom westlichen Demokratiemodell abwenden und Kurs auf einen illiberalen Staat nehmen.

Gelingt es der Partei von Joe Biden nicht, die demokratische Mehrheit in beiden Häusern zu verteidigen, wäre das für den Präsidenten eine empfindliche Niederlage. Solche Niederlagen sind freilich eher die Regel als die Ausnahme. Seit 1945 hat die Partei des Amtsinhabers bei Zwischenwahlen im Schnitt 29 Repräsentantenhaus-Sitze verloren. In diesem Fall wäre Bidens demokratische Mehrheit von neun Mandaten dahin.

In der Vergangenheit waren die Verluste der Präsidentenpartei in Inflationszeiten besonders hoch. Derzeit ist die Inflationsrate mit gut acht Prozent so hoch wie seit den 1970er-Jahren nicht mehr. Die Demoskopen erwarten zumindest den Machtwechsel im Abgeordnetenhaus.

Biden müsste dann mit einer verschärften Blockadepolitik der Republikaner rechnen - eine „lame duck“ wäre er aber nicht. Denn er könnte per Dekret auch künftig wirkungsvoll regieren. Mit dem Instrument der „Executive Order“ kündigte etwa Donald Trump gleich zu Beginn seiner Präsidentschaft das Freihandelsabkommen Trans-Pacific Partnership auf.

Dennoch wäre die Niederlage von Bidens Demokraten ein Sieg für Donald Trump. Er hat die einstige Grand Old Party nach wie vor im Griff und konnte die Wahl der republikanischen Kandidaten und Kandidatinnen entscheidend beeinflussen. Erfolgreiche Midterms würden Trump zusätzlich motivieren, für eine erneute Präsidentschaft zu kandidieren.

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Der Weg könnte frei werden für Trumps Bruder im Geiste, Ron DeSantis

Sollte er jedoch nach einer möglichen Verurteilung etwa wegen Verstößen gegen das Anti-Spionagegesetz selbst aus Sicht seiner Partei nicht mehr präsidentiabel sein, wäre der Weg frei für Trumps Bruder im Geiste: Ron DeSantis, Gouverneur von Florida. Mit ihm hat der US-Rechtspopulismus einen jungen, "charismatischen" Protagonisten für das Rennen ums Weiße Haus.

Die Midterms am 8. November unterscheiden sich in einem fundamentalen Punkt von allen anderen Zwischenwahlen. Denn seit dem Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 ist klar, dass der „Trumpismus“ Grundprinzipien der Demokratie nicht anerkennt, das gilt vor allem für den friedlichen Machtwechsel. Aus Sicht des früheren republikanischen Präsidenten George W. Bush verkörpert die Bewegung nichts anderes als die „unheilvollen Kräfte“ eines inländischen „Extremismus“.

Ein Sieg der Republikaner würde die Gesellschaft weiter polarisieren

Erhält der Trumpismus durch einen Sieg bei den Midterms zusätzliche Schubkraft, wird er erst recht zwei Jahre lang Angst und Panik schüren, Law and Order fordern, die ultrareligiöse Rechte stärken - und die ohnehin gespaltene amerikanische Gesellschaft weiter polarisieren. Die heute schon unter Republikanern verbreitete Stimmung, 2024 werde man sich nicht noch einmal den Sieg bei den Präsidentschaftswahlen "stehlen" lassen, droht zum Mantra der demokratiefeindlichen Bewegung zu werden.

Sollten Bidens Demokraten doch noch von einer wirtschaftlichen Erholung und rückläufigen Inflationsraten profitieren, könnte es in zwei Jahren ein knappes Wahlergebnis geben. Dann würde wohl erneut der Oberste Gerichtshof angerufen.

Schon beim letzten Mal, als Trump seine Wahlniederlage durch Manipulation in einen Sieg umdeuten wollte, war das Bollwerk des Supreme Court nicht so gefestigt, wie es schien. Der Richter Clarence Thomas etwa ließ dem Trump-Lager ausrichten, man solle Bidens Wahlsieg weiter anfechten. Heute ist das Oberste Gericht fest in der Hand von Richtern wie Thomas. Das konservative Lager dominiert das liberale mit sechs zu drei Stimmen.

Doch wie sehr der Ausgang der Midterms die Statik der US-Demokratie auch ins Wanken bringen mag – außenpolitisch werden die innenpolitischen Antagonisten weiter an einem Strang ziehen. Mit Blick auf China, dem geopolitischen Rivalen Nummer Eins, sind sich Demokraten und Republikaner einig: Pekings Einfluss muss eingedämmt werden, wirtschaftlich und politisch. Man kann nur hoffen, dass sich die Territorialkonflikte zwischen Washington und Peking vor allem in der Taiwan-Frage nicht militärisch zuspitzen.

Auch in der Russlandpolitik zeichnen sich keine tiefgreifenden Differenzen zwischen Demokraten und Republikanern, auch wenn Letztere „Blankoschecks“ zur Unterstützung der Ukraine ablehnen. Seit Wladimir Putins Überfall auf das Nachbarland ist die von Trump betriebene Appeasement-Politik gegenüber Moskau endgültig Vergangenheit.

Beide Lager betrachten Putin als Paria der Weltpolitik. Das fällt umso leichter, als Russland keine Chance hat, sich mit seinem auf fossilen Rohstoffen beruhenden Geschäftsmodell zum geoökonomischer Konkurrenten der USA aufzuschwingen.

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