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Donald Trump, ehemaliger Präsident der USA

© dpa/Alex Brandon

Neue Anklage gegen Donald Trump: Häme und Schadenfreude sind fehl am Platz

Ein Präsident Amerikas, der zum Initiator eines Putschversuches wird: Das ist die Dimension der Anklage. Die Reaktion auf sie sollte kühl, ruhig und gelassen sein.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Die Versuchung liegt nahe, auf die erneute Anklageerhebung gegen Ex-US-Präsident Donald Trump mit Freude, Genugtuung und einer Prise Häme zu reagieren: Jetzt geht es diesem Schurken wirklich an den Kragen, endlich! Niemandem darf auch die Hoffnung verwehrt werden, dass der Welt als Folge der äußerst schwerwiegenden Vorwürfe eine weitere Amtszeit Trumps erspart bleibt.

Es wäre kaum auszudenken, wenn in einer Zeit multipler Krisen des Westens – Ukraine, Russland, China, Afrika, Klima – der Zerstörer des Westens an die Macht käme. Auf Alpträume folgten Alpträume. Mindestens ebenso bedrohlich wäre ein solches Szenario für die Demokratie in den USA. Trump im Weißen Haus? Das ließe die bösesten Ahnungen wahr werden.

Deshalb ist es richtig: Diese Anklage, erhoben von unabhängigen Geschworenen auf Grundlage einer umfangreichen Anklageschrift von Sonderermittler Jack Smith, bedeutet eine Zäsur. Dem 77-Jährigen wird unter anderem Verschwörung zum Betrug gegen die Vereinigten Staaten zur Last gelegt. Im Mittelpunkt steht die Erstürmung des Kapitols am 6. Januar 2021.

Sie sei ein „nie dagewesener Angriff auf den Sitz der amerikanischen Demokratie“ gewesen, angeheizt durch Lügen Trumps, sagt Smith. Für zwei der vier Anklagepunkte drohen Haftstrafen von bis zu 20 Jahren. Etwas Vergleichbares gab es noch nie in der an Superlativen ohnehin reichen US-Geschichte.

Trumps Team zieht Vergleich zur Nazi-Zeit in Deutschland

Doch die Gegner Trumps müssen aufpassen. Cool, calm and collected – kühl, ruhig und gelassen – sollten sie sein. Trump und seine republikanischen Vasallen streuen den Verdacht, die Anklage gegen ihn sei politisch motiviert. Seine Kandidatur um die Präsidentschaft solle verhindert werden. Trumps Wahlkampfteam verglich die Ermittlungen gar mit der Nazi-Zeit in Deutschland.

Deshalb ist es wichtig, die Justiz mit größtmöglicher Sorgfalt ihre Arbeit machen zu lassen. Jede Art von politischem Druck verbietet sich. Präsident Joe Biden und sein Team sollten im Hintergrund bleiben. Auch die Demokraten sollten nichts tun, was die Lesart unterstützt, die Justiz werde instrumentalisiert.

Eine zentrale Rolle wird in den Ermittlungen Mike Pence einnehmen, der frühere Vizepräsident an Trumps Seite. „Jeder, der sich selbst über die Verfassung stellt, sollte niemals Präsident der Vereinigten Staaten werden“, sagte Pence jetzt, der ebenfalls bei der Präsidentschaftswahl für die Republikaner kandidiert. Er war stets dicht an Trump dran. Seine Aussagen könnten ihm zum Kronzeugen der Anklage werden lassen.

Ein Präsident Amerikas, der nach einer verlorenen Wahl zum Initiator und Teil eines Putschversuches wird: Das ist die Dimension des Geschehens. Zum Glück wurde der Aufstand gegen die Demokratie niedergeschlagen. Sie sollte sich gegen ihre Feinde nie wieder auf solche Weise behaupten müssen.

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