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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

© Foto: Reuters/Lisi Niesner

Nancy Faeser über ihre Einbürgerungspläne: „Damit schaffen wir Anreize für Integration“

Die deutsche Staatsbürgerschaft soll schneller als bisher vergeben werden können. Wir passen das Recht der Lebenswirklichkeit in Deutschland an. Ein Gastbeitrag.

Von Nancy Faeser

Deutschland ist ein vielfältiges Einwanderungsland – und zwar schon seit den 1960er Jahren. Viele Menschen, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind, haben in Deutschland eine neue Heimat gefunden. Sie leben und arbeiten seit Jahrzehnten hier. Sie sind ehrenamtlich engagiert. Ihre Kinder und Enkelkinder sind in Deutschland geboren, gehen hier in die Kita und zur Schule. Sie sind ein Teil unserer Gesellschaft, sie gehören dazu.

Aber das ist nur die halbe Wahrheit: Viele dieser Menschen können ihre Heimat nicht voll mitgestalten, weil sie nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Sie dürfen bei Wahlen ihre Stimme nicht abgeben, und sie dürfen nicht für öffentliche Ämter kandidieren, und das, obwohl Deutschland seit vielen Jahren ihr Zuhause ist.

Ich wünsche mir, dass sich Menschen mit Einwanderungsgeschichte in Deutschland willkommen und wirklich zugehörig fühlen. Sie sollen unser Land demokratisch mitgestalten und sich auf allen Ebenen unseres Landes einbringen können.

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Die Voraussetzung dafür ist, dass sie auch rechtlich ein Teil unserer Gesellschaft werden und die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen. Das neue Staatsangehörigkeitsrecht, das diese Koalition gerade auf den Weg bringt, gibt ihnen die Möglichkeit dazu.

Viele Menschen mit Einwanderungsgeschichte fühlen sich als Deutsche, wollen aber den Bezug zu ihrem Herkunftsland nicht komplett kappen. Ihre Identität hat mehr als eine einzige Zugehörigkeit. Und ihre persönliche Geschichte ist oft eng mit der bisherigen Staatsangehörigkeit verknüpft.

Die alte Staatsangehörigkeit aufzugeben, ist für viele schmerzhaft

Deshalb ist es falsch, Menschen dazu zu zwingen, ihre alte Staatsangehörigkeit aufzugeben, wenn sie die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen wollen. Für viele ist das ein schmerzhafter Schritt, der ihrer persönlichen Geschichte und Identität nicht gerecht wird.

Der bisherige Grundsatz im deutschen Staatsangehörigkeitsrecht, Mehrstaatigkeit zu vermeiden, verhindert die Einbürgerung von vielen Menschen, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben und hier zuhause sind.

Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts leiten wir deshalb einen Paradigmenwechsel ein und werden Mehrstaatigkeit künftig akzeptieren. Damit machen wir die Einbürgerung einfacher und passen unser Recht an die Lebenswirklichkeit an.

Anreize für Integration schaffen statt Hürden aufbauen

Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist ein starkes Bekenntnis zu Deutschland. Denn wer Deutsche oder Deutscher werden will, sagt Ja zum Leben in einer freiheitlichen Gesellschaft, zur Achtung des Grundgesetzes, zur Rechtsstaatlichkeit und zur Gleichberechtigung von Mann und Frau – Ja zu elementaren Grundlagen unseres Zusammenlebens. Dieses Bekenntnis ist entscheidend und nicht die Frage, ob jemand eine oder mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt.

Für den Zusammenhalt in Deutschland ist es entscheidend, dass Menschen, die zu uns kommen, auch gesellschaftlich teilhaben können – dass sie schnell und gut integriert sind. Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht schaffen wir deshalb Anreize für Integration, statt Hürden aufzubauen und lange Wartezeiten zu verlangen.

Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist ein starkes Bekenntnis zu Deutschland, schreibt Nancy Faeser.

© dpa/Peer Grimm

Nach Deutschland eingewanderte Menschen, die ein qualifiziertes Aufenthaltsrecht haben, sollen künftig nach fünf Jahren eingebürgert werden können statt wie bisher acht Jahre warten zu müssen. Wer besonders gut integriert ist, kann diesen Zeitraum auf drei Jahre verkürzen – Menschen, die zum Beispiel sehr gut Deutsch sprechen, in Schule oder Beruf herausragende Leistungen erzielen und sich ehrenamtlich engagieren. Leistung soll sich lohnen.

Auch alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern sollen künftig vorbehaltlos die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Damit sorgen wir für Integration von Anfang an.

Die Reform unseres Staatsangehörigkeitsrechts ist lange überfällig und eine große Chance.

Nancy Faeser

Durch die Zulassung von Mehrstaatigkeit können sie außerdem die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern annehmen und dauerhaft behalten – sie müssen sich nicht mehr für oder gegen einen Teil ihrer Identität entscheiden.

Besonders wichtig ist mir, dass wir im neuen Staatsangehörigkeitsrecht auch der Lebensleistung der sogenannten Gastarbeitergeneration gerecht werden. Diese Menschen sind in den 50ern und 60er Jahren aus Italien, Spanien, Griechenland oder der Türkei nach Deutschland gekommen – und sie haben damals keine Integrationsangebote erhalten.

Deshalb werden wir für sie bei der Einbürgerung Erleichterungen schaffen, indem wir auf einen schriftlichen Sprachnachweis und auf den Einbürgerungstest verzichten. Denn sie haben für unser Land Herausragendes geleistet und damit die Anerkennung der gesamten Gesellschaft verdient.

Über das Staatsangehörigkeitsrecht sind in Deutschland in der Vergangenheit viele Debatten geführt worden, die vor allem von Ressentiments und Stimmungsmache geprägt waren und viele Menschen tief verletzt haben. Vor allem aber werden sie einem modernen Einwanderungsland nicht gerecht. Die Reform unseres Staatsangehörigkeitsrechts ist lange überfällig und eine große Chance, unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Deshalb packen wir sie jetzt an.

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