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Angela Merkel (CDU), Philipp Rösler und Guido Westwelle (beide FDP).

© dpa

Wahlkampfstrategie: Mit Steuererhöhungen Merkel schlagen?

Die schwarz-gelbe Koalition macht immer noch Schulden - trotz Rekordeinnahmen. Die SPD zieht unterdessen mit der Forderung nach höheren Steuern in den Wahlkampf. Das ist zwar richtig. Ob es aber auch zum Sieg gegen Merkel reicht, steht auf einem anderen Blatt.

Eine beängstigende Nachricht kommt aus dem Berliner Regierungsviertel: „Schwarz-Gelb meldet sich zurück“, heißt die Überschrift eines Berichts über die erste Sitzung des Koalitionsausschusses in diesem Jahr. Auch das noch. Auf was müssen wir uns einstellen im letzten Jahr einer Regierung, die sich für Hoteliers ein Steuerprivileg einfallen ließ und mit dem Betreuungsgeld ein familienpolitisches Bild aus einer katholischen Kiste der 70er Jahre hervorkramte? Eine Regierung, die in atemberaubender Geschwindigkeit und einer weltweit einzigartiger Konsequenz die Lehren aus Fukushima zog, Atomkraftwerke abstellte und eine Energiewende ausrief, die sie nicht zu managen vermag. Den großen Worten folgen keine Taten – und das wird so bleiben. Angela Merkels Wahlkampfstrategie steht: In der Innenpolitik nicht auffallen, in der Außenpolitik die standhafte Staatsfrau geben, die in Brüssel den Euro rettet. Da sind die Landsleute stolz auf ihre Kanzlerin, denn sie passt ja gut auf unser Geld auf. Wiederwahl wahrscheinlich.

Die paar Milliarden, um die sich die Regierenden streiten bei der Aufstellung des nächsten Haushalts, werden daran nichts ändern. Der von Merkel geführte Koalitionsausschuss will sich nicht mit den Kosten einer gerechteren Rente und einer modernen Infrastruktur auseinandersetzen oder gar Sparpotenziale identifizieren. Das haben die Chefs von Union und FDP auf die Fachebene der Staatssekretäre delegiert – da fällt es dann nicht so auf, dass diese Koalitionsparteien nichts Vernünftiges zustande bringen. Im anstehenden Lagerwahlkampf könnte dieser Umstand aber lästig werden. Wozu noch CDU/CDU und FDP?

Eigentlich sollte das Geld reichen, um den Haushalt 2014 ohne große Neuverschuldung aufstellen zu können. Tatsächlich haben Bund und Länder im vergangenen Jahr 552 Milliarden Euro Steuern eingenommen, so viel wie noch nie. Und wenn es in den nächsten Monaten keine großen Einschläge bei der Konjunktur und auf dem Arbeitsmarkt gibt, dann steigen die Einnahmen weiter. Aber die Ausgaben eben auch: für Soziales, denn viele Menschen können von ihrer Arbeit oder von der Rente nicht leben; für Schulen und Universitäten, weil das die Zukunft ist; für Familien und Kinder, da die Demografie uns dazu zwingt; für Straßen, Schienen und Netze, denn die Infrastruktur ist eine Grundlage unserer Produktivität; für die Bundeswehr, da Afghanistan nicht der letzte Einsatz gewesen ist; für Garantien und Hilfen in der Banken- und Finanzkrise, die von der stärksten europäischen Volkswirtschaft erwartet werden. Kurzum: Wir brauchen mehr Geld.

Einfach und naheliegend ist die Korrektur einer Finanzpolitik mit zahlreichen Steuersenkungen in den vergangenen 15 Jahren. Bei der Einkommens- ebenso wie bei der Unternehmensbesteuerung und den Zins- und Kapitaleinkommen. Mit den Steuersätzen aus dem Jahr 2000 hätte die Politik heute 50 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. Oder zur Verschwendung? Das Bild vom Staat hat sich auch hierzulande verändert, weil staatliche Institutionen und öffentliche Mittel die Menschen vor den Folgen der Krise 2009 geschützt haben. Wir Deutschen sind und werden zwar keine Etatisten wie die Franzosen. Doch wer außer Steuersenkungen nichts auf der Fahne hat, wie die FDP, der wird nicht gebraucht.

Und die SPD? Das reichste Hundertstel hierzulande besitzt ein Viertel des gesamten Eigentums, 70 Prozent der Bevölkerung gehört nicht einmal ein Zehntel. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist immer tiefer geworden – auch durch die Politik der SPD unter Gerhard Schröder und in der großen Koalition. Mit der Forderung nach höheren Steuern für hohe Einkommen und Kapitaleinkünfte ziehen die Sozialdemokraten nun in den Wahlkampf. Das ist richtig und trifft vermutlich die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung. Aber reicht das zum Sieg? Nein. Denn Merkels Deutschland ist kein Krisenland. Den meisten Menschen geht es gut, und die ganze Mittelmäßigkeit dieser schwarz-gelben Bundesregierung hat sich nicht zum Schaden der Mitte dieser Gesellschaft, den Facharbeitermilieus, ausgewirkt. Merkel hat ihr Völkchen eingelullt. Und Steinbrück?

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