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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besucht die Synagoge in Berlin-Kreuzberg, um seine Solidarität mit den Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland zu zeigen.

© imago/epd/imago/Christian Ditsch

Israel, Deutschland und der Krieg : Freunde dürfen auch hoffen

Auf die Gräueltaten der Hamas zu reagieren, aber darüber nicht als Täter gebrandmarkt zu werden – das wird zum Dilemma für die israelische Regierung. Und wie reagieren wir?

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Es sind die Tage, in denen sie die Freundschaft zu Israel beschwören, der Präsident, der Kanzler, die Außenministerin, der Oppositionschef. Und sie alle wissen auch, warum sie es tun: Diese Freundschaft wird auf die Probe gestellt werden, auf die größte seit je.

Geschichtsbeladene Stunden durchleben wir, in denen sich Schicksale entscheiden, die einzelner Menschen wie das eines ganzen Staates, Israel. Alles verbunden mit der Frage, wie sich erreichen lässt, dass die Reaktion Israels auf den barbarischen Angriff der Hamas nicht zur noch größeren Tragödie wird.

Die Verantwortung für das richtige Handeln lastet schwer. Zuallererst auf der Regierung Israels. Was können, was müssen Freunde da tun?

Freundschaft ist Zuneigung. Ist gelebte Gemeinsamkeit. Ist Vertrautheit und Verstehen. Ist Unterstützung. So gesehen ist Deutschland mit Israel – über die Schicksalsgemeinschaft hinaus – befreundet.

Der Staat der Juden ist in großer Gefahr

Das Mindeste ist darum, mitzufühlen. Diese Bilder der Opfer. Diese Zerstörungen überall. Dieses Leid. Diese Gefahr! Ja, Israel, der Staat der Juden, ist in großer Gefahr.

Es können noch mehr Fronten werden. Es können noch mehr Raketen kommen, vom Süden, vom Norden. Die Achse der Terrororganisationen kann das Leid noch mehr steigern. Dem Leid scheint keine Grenze gesetzt zu sein, buchstäblich. Da leidet man als Freund mit.

Denn das ist, was wir sehen: Israels Sicherheitsgefühl ist schwer angegriffen, die Attacken wurden von langer Hand geplant und sind technisch hoch anspruchsvoll. Es wurden schrecklichste Gräuel begangen, die das Land schwer traumatisieren. Die Bodenoffensive gegen „Hamastan“ erscheint vielen Israelis zwangsläufig, ist aber womöglich militärisch wie moralisch eine Falle.

Ein Ende des Schreckens ist nicht abzusehen: Die Bedrohung durch die Hisbollah und mit ihr durch den Iran ist offenkundig. Die lebensgefährliche Situation der Geiseln, darunter Kleinkinder, wird durch die Hamas selbst öffentlich gemacht. Eine Befreiung wird unwahrscheinlich, eine öffentliche Hinrichtung wie vor Jahren beim „Islamischen Staat“, der Terrormiliz, dagegen sehr wahrscheinlich.

In all dem muss Israel handeln. Es muss. Das ist alternativlos. Der Staat soll doch überleben.

Und die Freunde? Leiden mit. Fühlen mit. Und sie müssen handeln – auf diese Weise: indem sie jüdisches Leben schützen, zuallererst dort, wo es ihnen anvertraut ist. Das ist der Anspruch zumal an die deutsche Politik.

Freunde sind da, wenn sie gebraucht werden. Und sie fragen, was gebraucht wird. Tun nichts ungefragt. Hören genau hin. Die deutsche Politik ist da. Die Gespräche, die gerade geführt werden, hinter geschlossenen Türen, mit Israel, aber auch mit der arabischen Welt, zeugen davon.

Freunde bilden eine Phalanx

Gegner bilden eine Achse – Freunde eine Phalanx. Denn die Stimmung in der Welt kann kippen. Wenn die Hamas die Menschen, die von ihr als Geiseln gehalten werden, zur Schau stellt, lebendig oder tot. Nicht zuletzt die von ihnen geknechteten, ausgebeuteten, ausgehungerten, als menschliche Schutzschilde Missbrauchten. Und das sind abertausende Palästinenser.

Da offenbart sich das große Dilemma, das moralische und das politische. Vor dem steht die israelische Regierung, die über eine Bodenoffensive in Gaza zu entscheiden hat.

Dann müssen die Freunde Israels zur Stelle sein: Wenn Israels Truppen die Terroristen zurückgedrängt haben, dass die im Staat der Juden nie wieder pogromartige Gräuel anrichten können; nie wieder – den Anspruch werden besonders wir Deutsche verstehen. Und wenn Hamas-Propaganda aus Opfern Täter zu machen versucht.

Freundschaft ist mehr als ein Wort. Es ist Mitwollen, nicht Misswollen, wie Goethe, der Dichter der Deutschen, einem Freund schrieb. Frieden und die Rückkehr der Menschlichkeit sind das, was alle Freunde für Israel wollen.

Freunde dürfen auch hoffen. Darauf, dass Israel in Gaza nicht in die Falle geht.

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