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Wenn es amtlich ist: die Abschiebung

© picture alliance / Ralf Hirschberger/dpa-Zentralbild/dpa / Ralf Hirschberger

Hunderte Grüne protestieren gegen die Asylpolitik: Als gäbe es in der Koalition nicht schon genügend Zündstoff

Die Fluchtbewegung ist groß, sie nimmt auch noch zu. Das zu bremsen, hat sich die Ampel vorgenommen. Ihre Pläne provozieren Widerspruch.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Hunderte Grüne beschweren sich öffentlich über Kurs der Regierungsgrünen in der Asylpolitik. Das jetzt auch noch. Als gäbe es in der Koalition nicht schon genügend Streit und Zündstoff.

Die Grünen dürfen aber ihre Zumutungen nicht übertreiben. Sie kommen bei ihren Leuten nicht an, wenn sie so tun, als seien sie die „gute“ CDU, jetzt auch noch in der Asylfrage. Der Protest muss ein Warnsignal sein.

Tatsache ist: Wir erleben die größte Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg in Europa. Die auch noch zunimmt. Die Bundesregierung will diese Bewegung bremsen, Abschiebungen erleichtern. Dafür sollen die sogenannten sicheren Drittstaaten ausgeweitet werden.

Da werden dann also auch Menschen aus Syrien oder Afghanistan in Europa zunehmend abgelehnt werden. Liegt darin im Ernst eine Verbesserung des Asylrechts? Gewiss nicht für Grüne.

Immer mehr Asylverfahren sollen an Europas Außengrenzen verlagert werden; bei Ablehnung werden Bewerber direkt abgeschoben. Nur schon diese Vorstellung. Und die Bilder dazu – weitere Empörung ist programmiert. Zumal Wünsche nach Ausnahmen für Kinder bisher verhallt sind.

Die Fluchtroute ist plötzlich wichtiger als die Fluchtgründe

Die erste Frage in den Grenzverfahren wäre auch nicht die nach den Fluchtgründen. Vielmehr ginge es dann um die Fluchtroute und darum, ob ein außereuropäischer Staat für die fliehende Person „sicher“ sein könnte.

Die Anforderungen an „sichere Drittstaaten“ sollen dafür sinken. Schon Teilgebiete könnten als „sicher“ eingestuft werden – und autoritäre Staaten gegen Geld „Flüchtlingsschutz“ übernehmen.

Im Koalitionsvertrag haben sich SPD, Grüne und FDP aber doch vorgenommen, Leid und illegale Zurückweisung an den Außengrenzen zu beenden. Die Wahrheit ist konkret, Genossen: Unverändert und seit Jahren sind Rechtsbrüche und Misshandlungen von Schutzsuchenden zu beklagen.

Dagegen sollen Zäune und Lager unter Haftbedingungen helfen? Es ist ein provozierendes Verständnis von praktizierter Humanität, wenn die Bundesregierung dem zustimmt.

Das trifft Grüne wie Sozialdemokraten ins linke Herz. So viele Anhänger hat die Koalition nicht, dass sie den Eindruck nähren darf, politisch kaltschnäuzig, kaltherzig zu sein. Ja, das Thema Flucht ist ein großes. Umso wichtiger wird die Haltung. Ablehnung kann die AfD besser.

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