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Russlands Präsident Wladimir Putin

© dpa

Umgang mit den Opfern von MH17: Herr Putin, öffnen Sie Ihr Herz

Der Umgang mit den am Krieg unbeteiligten Opfern von Flug MH17 ist abscheulich. Unabhängig davon, wer die Boeing vom Himmel geholt hat: Die Angehörigen haben ein Recht darauf, ihre Liebsten in Würde zu begraben. Kremlchef Wladimir Putin ist in der Pflicht, seinen Einfluss auf die Separatisten zu nutzen.

Die Bilder sind kaum zu ertragen – auch, wenn man selbst keinen Liebsten in der malaysischen Unglücksmaschine MH17 über dem Osten der Ukraine verloren hat. Leichen liegen tagelang verstreut rund um die Absturzstelle, es sind 30 Grad, es regnet. Man muss kein Experte sein, um zu ahnen, was das mit den leblosen Körpern macht. Es ist: bestialisch. Und wer ein Herz hat, kann sich zumindest vorstellen, welche zusätzliche Qual es für die Angehörigen der Opfer bedeutet, die als völlig Unbeteiligte in diesen Krieg gerieten und nun offenkundig nicht einmal im Tod ihren Frieden finden dürfen.

Die Familien von 298 Menschen über die ganze Welt verstreut zahlen mit jeder Stunde einen immer weiter steigenden Preis. Für viele Menschen in Malaysia hat der Crash eine doppelt ungeheuerliche Dimension. Es ist schon die zweite Tragödie innerhalb von nicht einmal einem halben Jahr nach dem spurlosen Verschwinden der MH 370.

Opfer von MH17: Leichen in Kühlwaggons

Am Sonntagmittag gab es erste Hinweise, Leichen seien nun in Kühlwaggons geschafft worden. Doch wieder konnte das internationale Team nur einen Blick auf die Szenerie werfen, aber nicht einmal zählen, wie viele Opfer in diesen Eisenbahnwagen sind.

Blumen der Erinnerung: Eine junge Frau gedenkt in Amsterdam den Opfern des mutmaßlichen Flugzeugabschusses.

© AFP

Die Humanität gebietet Respekt vor den Opfern und ihren Familien. Normalerweise bieten Fluggesellschaften Angehörigen bei Katastrophen an, sie möglichst nah an den Absturzort zu bringen. Das verbietet sich in einem Kriegsgebiet. Aber dass dieser Bereich nicht sofort abgesperrt wurde – das können bewaffnete Separatisten sicher, wenn sie es nur wollen – und nicht einmal neutralen Fachleuten unbeschränkt Zugang ermöglicht wird, setzt alle an dem Zustand Beteiligten aus Sicht jedes Zivilisten ins Unrecht. Dabei spielt zunächst einmal keine Rolle, ob und was sie damit zu tun haben, dass die Boeing vom Himmel geholt wurde. Alle an diesem unwürdigen Treiben Beteiligten verhalten sich wie die sprichwörtlichen Barbaren.

Putins Trauer wirkt wie Hohn

Viele politische Manöver seit dem mutmaßlichen Abschuss sind vor diesem Hintergrund unerträglich. Ein angesehener US-Senator der Republikaner, der als Erstes mit der lautstarken Forderung nach massiver Bewaffnung der ukrainischen Armee vor allem daheim als starker Mann punkten will, ein CDU-Abgeordneter, der mitten in die unübersichtliche Lage hinein rasch mal eine Blauhelmtruppe unter deutscher Beteiligung verlangt. Wie Hohn wirkt bei alldem die Trauer des Kremlchefs, der öffentlich zwar für eine Kooperation mit den Ermittlern optiert, aber intern offenbar seine Verbindungen zu den Separatisten nicht in diesem Sinne nutzt. Dass Putin dort etwas erreichen kann, wenn er will, hat sich bei der Freilassung der Geiseln aus Reihen der OSZE unter Vermittlung eines seiner Vertrauten gezeigt.

Richtung Moskau möchte man rufen: Herr Putin, öffnen Sie Ihr Herz. Wenn Sie eines haben und es nicht wie der Kohlenmunk-Peter einem Scharlatan à la Holländer-Michel verpfändet haben, tun Sie alles, damit die Opfer von MH 17 würdig behandelt werden und die internationalen Fachleute ungehindert Zugang zur Absturzstelle erhalten. Sollte Material von dort an Moskau übergeben worden sein: Es muss an die Untersuchungskommission gehen. Das Ende der MH 17 muss aufgeklärt werden. Auch das muss im Interesse Moskaus sein. Schon gar, wenn Russland doch nichts damit zu tun hat.

Was wäre, wenn Russen wie Vieh behandelt würden?

Wladimir Putin mag in Russland mit seiner Propaganda gegen Kiew die eigenen Bürger im Moment auf seiner Seite haben. Mit jedem Tag des zynischen Doppelspiels aber bringt er mehr Bürger rund um den Erdball gegen sich auf. Würde Putin zulassen, dass die Leichen von Russen wie Vieh behandelt werden?

Der vorgeblich starke Mann in Moskau wird doch nicht derart taktieren, weil ihm sein Einfluss in der Ostukraine längst entglitten ist und er Forderungen der Separatisten fürchtet, die er heraufbeschworen hat, aber nicht erfüllen will? Wenn Putin als Verhandlungspartner ernst genommen werden will, muss er sich schleunigst ernsthaft um Zugang der Ermittler zur Unglückstelle bemühen.

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