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© Michael Kappeler/dpa

Forderung nach Energie-Soli für Reiche: Wenn das Gutachten der Wirtschaftsweisen nicht gleich im Schirmständer verschwindet

Der Politik können die Empfehlungen der neuen Sachverständigen nur recht sein. Und so wurde bei der Papierübergabe viel gelächelt. Aber nicht alles, was pragmatisch klingt, ist auch vernünftig.

Ein Kommentar von Ursula Weidenfeld

Die Wirtschaftssachverständigen haben ihr Gutachten vorgelegt. Anders als in den vergangenen Jahren wird das Werk wohl nicht sofort weggelegt, im Gegenteil. Es soll schnurstracks in die Chefetagen von Kanzleramt, Wirtschafts- und Finanzministerium wandern, verspricht der Bundeskanzler. Das hört sich wenig spektakulär an. Aber für den Sachverständigenrat ist es ein Erfolg.

In den vergangenen Jahren hatte man den Eindruck, als suche die Bundesregierung gleich nach der Übergabe des Gutachtens nach einem Schirmständer, in dem sie den Wälzer wie ein unerwünschtes Gastgeschenk versenken könnte. Der Sachverständigenrat war der Politik zu orthodox, zu kleinkariert, zu ewig schlecht gelaunt. Diesmal ist es anders.

Olaf Scholz lächelt freundlich, lobt die die Einigkeit der Experten. Die Expertinnen lächeln zurück. Die Wirtschaftsweisen argumentieren nicht mehr ordnungspolitisch, wie das ihre Vorgänger taten (und worüber sie sich heillos zerstritten). Sie verstehen sich als Politikberaterinnen, pragmatische Leute, die die Entscheidungsdilemmata der Bundesregierung kennen und respektieren.

Lauter neue Gesichter im Rat und viele Frauen

Da hilft es, dass alle ziemlich frisch dabei sind. Ulrike Malmendier und Martin Werding haben in diesem Jahr Premiere, Veronika Grimm und die neue Vorsitzende Monika Schnitzer sind gerade einmal zwei Jahre in dem Gremium. Der von den Arbeitnehmern entsandte Achim Truger arbeitet seit 2019 mit.

Dennoch muss man fragen: Ist es wirklich schlau, der Regierung zu einem Energie-Soli zu raten? Zuerst schustert man den Wohlhabenden und Reichen Geld zu, das die nicht brauchen (Die Sachverständige Veronika Grimm war auch Vorsitzende der Gas-Wärme-Kommission, die dazu riet).

Dann beschwert man sich darüber und schlägt vor, das Geld an anderer Stelle wieder einzusammeln. Das ist zwar sehr pragmatisch. Doch vernünftig ist es nicht. Besser wäre, von vornherein nur denen zu helfen, die Hilfe brauchen und damit die Staatsausgaben zu begrenzen.

Das wäre der Rat gewesen, den man erwartet hätte, und der sich im Gutachten übrigens auch findet. Nur: Darauf bestehen, dass der Kanzler, der Finanz- und der Wirtschaftsminister so weit blättern, können die Sachverständigen nicht. Für die neue Popularität zahlen sie schon jetzt einen hohen Preis.

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