zum Hauptinhalt
Die Trophäe des Eurovision Song Contest.

© picture alliance/dpa/ZUMA Press Wire

Eurovision Song Contest und Israel: Gefangen in der Boykottspirale

Nun rufen auch schwedische Musiker*innen zum Ausschluss Israels beim Eurovision Song Contest auf. Es wirkt wie eine selbstgerechten Profilierungsaktion, zumal sie die Teilnahme Aserbaidschans nicht kritisieren.

Ein Kommentar von Nadine Lange

Noch bevor ein Ton gesungen wurde, ist der Eurovision Song Contest von Malmö tief in den Schatten des Nahost-Konflikts geraten. Erst kamen aus Island und Finnland Boykottrufe gegen die Teilnahme Israels, jetzt fordern über 1000 schwedische Musiker*innen in einem Offenen Brief ebenfalls den Ausschluss des Landes, das seit 50 Jahren an dem Wettbewerb teilnimmt und ihn vier Mal gewonnen hat.

Die Briefschreiber*innen, darunter Stars wie Robyn und Fever Ray, sehen seitens des Ausrichters eine Doppelmoral am Werk: Wenn man Russland wegen seines Kriegs gegen die Ukraine ausschließt, müsse dasselbe mit Israel geschehen. Was diese Logik allerdings geflissentlich übersieht: Die Ukraine hatte Russland zuvor nicht angegriffen. Die Hamas hingegen hat am 7. Oktober von Gaza ausgehend ein grauenvolles Pogrom in Israel angerichtet.

Dass das Land nun in seiner Reaktion darauf – von der Hamas kaltblütig einkalkuliert – unermessliches Leid über die Zivilbevölkerung von Gaza bringt, ist nicht von der Hand zu weisen. Und das Bedürfnis nach symbolträchtiger Solidarisierung mit den palästinensischen Opfern nachvollziehbar. Nur was hilft ihnen ein Boykott? Nichts. Stattdessen sieht das Ganze doch stark nach einer selbstgerechten Profilierungsaktion von Musikern aus.

Blinder Fleck: Bergkarabach

Darauf deutet auch ein offensichtlicher blinder Fleck in ihrem Offenen Brief hin: Denn wenn sie von den ESC-Organisator*innen fordern „konsequent gegen Teilnehmerländer vorzugehen, die demokratische Werte und Menschenrechte verletzen“, fragt man sich, warum sie nicht auch zum Boykott Aserbaidschans aufrufen. Truppen des Landes haben im vergangenen Sommer die armenische Bevölkerung aus Bergkarabach vertrieben. Diese brutale Aktion hat über 100.000 Menschen ihrer Heimat beraubt – eine Menschenrechtsverletzung, die keine Popstars auf den Plan ruft.

Beim ESC wird sich nun die Boykottspirale weiterdrehen, es ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne Länder ihre Teilnahme absagen. Gleichzeitig ist die Person, die für Israel nach Malmö fährt, nicht zu beneiden: Sie wird sicher angefeindet werden und mit wenigen Punkten nach Hause fahren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false