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Bahn-Abschluss: Die Ersten werden die Ersten sein

Endlich ein Kompromiss - doch kein Friede in Sicht: Am Dienstag stehen wieder Züge still, weil die Lokführer einen eigenen Tarifvertrag wollen. Die Taktik haben sie sich bei Piloten und Ärzten abgeguckt. Hartmut Mehdorn wird am Ende wohl zustimmen müssen - hunderttausende stehen gebliebene Kunden werden ihn dazu zwingen.

Endlich ein Kompromiss – und doch kein Friede in Sicht. Im Gegenteil. Die Lokführer der Deutschen Bahn forcieren den Streik, um Bahnchef Hartmut Mehdorn vor den am Freitag anstehenden Verhandlungen gefügig zu machen. Der hat sich mit zwei Gewerkschaften geeinigt und versucht nun, mit diesem Tarifabschluss im Rücken, auch die Lokführer auf so eine Linie zu bringen, die insgesamt für das Unternehmen und seine Beschäftigten verträglich ist. Auch deshalb spricht Mehdorn von einem historisch teuren Kompromiss – um es den Lokführern so schwer wie möglich zu machen, sich dem nicht anzuschließen.

Auf den ersten Blick sind die vereinbarten 4,5 Prozent plus eine Einmalzahlung von 600 Euro für die 134 000 Bahner ein prima Abschluss. Das sieht sogar besser aus als das, was die mächtige IG Metall für ihre Leute in den so glänzend verdienenden Exportbranchen herausgeholt hat. Sicher, die lange Laufzeit relativiert den prozentualen Lohnaufschlag, da die 4,5 Prozent auf 19 Monate zu verteilen sind. Doch das ist eher Tarifarithmetik. Alles in allem haben die Gewerkschaften Transnet und GDBA eine Ergebnis erzielt, mit dem die Beschäftigten an den zuletzt beachtlichen Gewinnen der Bahn beteiligt werden. Und schließlich gibt es endlich einmal in einem Dienstleistungsbereich ein Abschlussniveau, das sich nicht zu verstecken braucht vor den traditionell höher liegenden Tarifen in der Industrie. Und dennoch verschärft sich der Streik auf der Schiene, weil die Gewerkschaft der Lokführer die Gunst der Stunde für ihre 30 000 Mitglieder nutzen will. 31 Prozent mehr Geld – über diese Forderung muss Mehdorn am kommenden Freitag verhandeln. Er will das nicht und kündigt an, keinen „Separatistenvertrag“ mit den Lokführern abschließen zu wollen. Doch der Verdruss von hunderttausenden Kunden, die auf dem Bahnsteig stehen bleiben, wird ihn vermutlich dazu zwingen.

Das ist bitter, denn die Lokführer fahren eine Strategie, die sie bei Piloten oder Ärzten abgeguckt haben: Diese haben schon früher die Tarifgemeinschaft mit den übrigen Beschäftigten in Airlines und Krankenhäusern gekündigt, weil sie sich in Verhandlungen allein für ihre Klientel mehr versprachen: Die stärkste Gruppe räumt ab, die schwächste sieht alt aus. Wäre schön, wenn Mehdorn diesem Egoismus widerstehen würde.

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