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Tagesschausprecher Constantin Schreiber anläßlich der Aufzeichnung der MDR - Talkshow Riverboat am 04.05.2023 in Leipzig.

© IMAGO/STAR-MEDIA

Constantin Schreiber und der Islam: „Tagesschau“-Sprecher leben von geborgter Autorität

Er werde sich zu allem, was mit dem Islam zu tun hat, nicht mehr äußern, sagt Constantin Schreiber. Die Anlässe dafür sind ein Skandal. Sein Fazit ist es nicht unbedingt.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Was am 29. August in Jena geschah, ist ein doppelter Skandal. „Tagesschau“-Sprecher Constantin Schreiber war von der Universität und der örtlichen Thalia-Buchhandlung zu einer Lesung eingeladen worden. Eine Gruppe, die sich „Undogmatische Radikale Linke“ nennt, protestierte dagegen. Einer lief auf die Bühne und drückte Schreiber eine Torte ins Gesicht. Das ist der eine Teil des Skandals.

Der andere Teil ist die Reaktion vonseiten der Veranstalter. Der Moderator habe sich gar nicht geregt, erinnert sich Schreiber in einem Interview mit der „Zeit“. Ein Vertreter der Buchhandlung habe gesagt, es sei wichtig, die Meinung dieser Menschen nicht auszugrenzen. Gefehlt habe ein klares Bekenntnis der Solidarität.

Schreiber, der in Syrien gelebt hat und Arabisch spricht, hat viel über den Islam publiziert. Er kritisiert Moscheen, in denen gegen Deutschland gehetzt wird. In seinem Roman „Die Kandidatin“ gruselt es ihn vor einer Gesellschaft, die in viele Teile zerbricht und in der eine Feministin und Muslima auf dem Weg ins Kanzleramt ist.

Schreiber: „Ich mache das nicht mehr“

Es gibt Themen, die polarisieren. Der Islam gehört dazu, die Migration, die Corona-Maßnahmen, der Umgang mit der AfD. Da wird rhetorisch oft nicht mit dem Florett gefochten, sondern das Fallbeil niedergelassen. Bei Gewalt indes und Verständnis für Gewalt wird eine Grenze überschritten, die für freie Debatten konstitutiv ist.

Schreibers Fazit aus Jena: „Ich werde mich zu allem, was mit dem Islam auch nur im Entferntesten zu tun hat, nicht mehr äußern. Ich werde keine Bücher dazu schreiben, ich lehne Talkshow-Anfragen ab, ich mache das nicht mehr.“ Das ist traurig und ein Verlust. Einerseits.

Andererseits sollte der Sprecher von Deutschlands wichtigster Nachrichtensendung sich politisch nicht allzu prononciert positionieren. Sein Renommee verdankt er dem öffentlich-rechtlichen System. Was immer er sagt: Das Publikum denkt, er repräsentiert die „Tagesschau“. Das verpflichtet zur Neutralität.

Klare Regeln gibt es für das Zurückhaltungsgebot nicht. Doch man stelle sich Judith Rakers vor, die in einer Talkshow Sympathie für Sahra Wagenknecht bekundet. Oder Susanne Daubner, die gegen die Ampel wettert. Die Autorität von „Tagesschau“-Sprechern resultiert aus dem Image, dass das, was sie sagen, stimmt. Diese Autorität sollte für die Verbreitung persönlicher Ansichten nicht missbraucht werden.

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