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Die Studierendenbewegung Pacific Islands Students Fighting Climate Change (PISFCC)

© PISFCC

Lange Nacht der Wissenschaften: Klimaungerechtigkeit sichtbar machen

Nicht nur Hitze: Das Medien-Projekt „Not Just Celsius“ macht mit Kunst und Datenwissenschaft auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam.

Es wirkt zunächst ein bisschen wie ein Spiel: In der interaktiven Visualisierung des Projektes „Not Just Celsius“ gibt man die Namen von zwei beliebigen Staaten in die entsprechenden Felder ein und auf dem Bildschirm erscheint eine bunte Grafik – die „Scale“, Englisch für „Waage“, deren Seiten für die eingetippten Staaten stehen. Im Hintergrund wird anhand von Datensätzen berechnet, wie stark die CO₂-Emissionen der ausgewählten Staaten sind und wie sehr sich die Folgen des Klimawandels auf sie auswirken.

Mit dem Symbol der Waage will das Projekt auf globale Klimaungerechtigkeiten aufmerksam machen. „Die konkrete Idee für die Scale entstand aus der Feststellung, dass wir im globalen Norden schnell dazu neigen, den Klimawandel als eine rein ökologische Krise zu verkennen“, erzählt Paul Baule von der gemeinnützigen Organisation Interactive Media Foundation, die „Not just Celsius“ entwickelte. „Die eigentliche Untrennbarkeit von Klimawandel und sozialer Gerechtigkeit kommt dabei oft zu kurz“, meint der Content Director.

Die eigentliche Untrennbarkeit von Klimawandel und sozialer Gerechtigkeit kommt oft zu kurz.

Paul Baule, Interactive Media Foundation

Zur Veranschaulichung lässt er das Programm „Deutschland“ und „Vanuatu“ miteinander vergleichen. Der kleine Inselstaat mit knapp 320.000 Einwohnern liegt im Südpazifik, westlich von Australien. Im besten Fall wäre die Waage jetzt ausgeglichen. Doch Vanuatu sinkt stark nach unten: Die Anfälligkeit für Schäden und damit die Last durch den Klimawandel ist hier ungleich größer – während die Kohlenstoffdioxid-Emissionen geringer sind. Deutschland, das auf Platz sieben der größten CO₂-Emittenten steht, schwebt dagegen oben.

Globale Schieflage. Die Inselstaaten Ozeaniens leiden zunehmend unter den Folgen des Klimawandels.

© Interactive Media Foundation

Bis zu den Knien im Wasser

Dass Paul Baule ausgerechnet Vanuatu als Beispiel gewählt hat, ist kein Zufall. Die Inselstaaten Ozeaniens mit ihren über 40 Millionen Einwohnern leiden zunehmend unter dem Anstieg des Meeresspiegels, Trinkwasserknappheit und Zyklonen – tropischen Wirbelstürmen, die zu gefährlichen Überflutungen führen.

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Einige Inseln liegen nur wenige Meter über dem Meeresspiegel und drohen langfristig im Meer zu verschwinden. Für Paul Baule zeigt die Waage vor allem eins: „Es ist wichtig, dass die Industrienationen nicht einfach tatenlos zusehen.“

Auf die dramatischen Folgen des Klimawandels machte schon 2021 der Außenminister des Inselstaates Tuvalu aufmerksam. Bei seiner Rede zur 26. UN-Klimakonferenz stand er bis zu den Knien im Wasser des Pazifischen Ozeans und zeigte eindrücklich, wie stark Menschen und ihre Lebensräume vom Klima abhängig sind.

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Ein wichtiger Erfolg verbucht

Mit Workshops, Social Media und der „Scale“, die bald als Webanwendung auf der englischsprachigen Webseite verfügbar sein soll, unterstützt „Not Just Celsius“ die Kampagne der ozeanischen Studierendenbewegung „Pacific Islands Students Fighting Climate Change“ (PISFCC), die seit 2019 mit den Inselstaaten für mehr globale Klimagerechtigkeit kämpft.

Ende März konnten die Bemühungen um internationale Anerkennung einen wichtigen Erfolg verbuchen: Die Uno-Vollversammlung verabschiedete Vanuatus Klimaresolution. Jetzt soll am Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag beraten werden, wie Staaten zukünftig gegen die Erderwärmung vorgehen sollten.

Kunst als Sprachrohr nutzen

Während der Langen Nacht der Wissenschaften können die Besucher:innen im Foyer des Hauptgebäudes der Humboldt-Universität die „Scale“ selbst ausprobieren. Um die soziale Ungerechtigkeit noch erfahrbarer zu machen, ist auch eine Installation geplant. Paul Baule ist schon auf die Reaktionen gespannt. „Wir nutzen diesen Anlass, um zu sehen, wie die Nutzer:innen damit umgehen und welche Fragen sie uns stellen“, sagt er.

Ausstellungsansicht „A Few Degrees More“. 

© © Leopold Museum, Wien/Andreas Jakwerth

Der Einbezug von künstlerischen Mitteln gehört zum Konzept der Interactive Media Formation, die sich selbst an der Schnittstelle zwischen Kunst, Wissenschaft, zivilgesellschaftlichem Engagement und Medientechnologie verortet und zu mehr Engagement in der Zivilbevölkerung anregen will.

Kunst als Sprachrohr für den dringenden Handlungsbedarf zum Erreichen der Klimaziele nutzte im März auch das Wiener Leopold Museum im Rahmen der Intervention „A Few Degrees more – Wenige Grade, dramatischer Effekt“. Indem 15 ausgewählte Gemälde leicht schräg gehängt waren, wurden die Besucher:innen subtil, aber wirkungsvoll auf die klimatische Schieflage aufmerksam gemacht.

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