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Arabella Steinbacher

© Peter Rigaud

Arabella Steinbacher: Wilde Klassik

Die Geigerin Arabella Steinbacher begeistert mit den beiden Prokofjew-Violinkonzerten beim Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin.

Für Sergei Prokofjew stand „das Klassische“ am Anfang der Merkmale, die seine Musik kennzeichnen. Nach „Erneuerung“ und „Motorik“ kommt dann an vierter Stelle die „Lyrik“. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin wirft in der Philharmonie nun einen Blick auf den russischen Komponisten des zwanzigsten Jahrhunderts, indem es dessen stilistische Neuversuche mit genuinen Vorbildern aus der Klassik verbindet. Haydn zu spielen, bietet sich an. Unter Maestro Marek Janowski erinnert die Pariser Sinfonie Nr. 85, „La Reine“, mit der galanten Romanze in kleinerer Besetzung und faszinierend prickelndem Presto-Finale daran, dass schon Joseph Haydn, „original“ geworden auf Schloss Esterházy, für überraschende Wendungen steht.

Eine langsame Einleitung erklingt ebenso bei Haydn wie auch in der Dritten von Franz Schubert: Deren Wiedergabe könnte an orchestralem Feinschliff noch gewinnen, nimmt aber aus dem Klarinettenthema des ersten Satzes volle Energie auf und gibt sie weiter als übermütige Musik mit kompositorischen Gewagtheiten des Achtzehnjährigen.

Mit den beiden Violinkonzerten Prokofjews wird die Solistin Arabella Steinbacher dann zur Königin des Abends, da sie ihre stets vorbildliche Intonation mit einer inzwischen gereiften musikalischen Vorstellungskraft einfärbt.

Brillantes Geigenspiel mit allen Bogentechniken, Flageoletts, Geläufigkeit ohne Fehl, dazu Charme und Witz führen schließlich in wilde Klassik. Die Orchesterbegleitung ist vom StreicherPizzikato bis in die Tuba ein Fest für sich.

Das erste der Violinkonzerte Prokofjews steht seiner an Haydn mahnenden „Sinfonie classique“ nahe, während das längere zweite Opus 63, von der Nachkriegs-Avantgarde viel geschmäht wegen konventioneller Harmlosigkeit, auch hier neue Aspekte eröffnet: Farbigkeit der Intrumentierung, klassisch-romantische Virtuosität als Haltung, unverblümte Melodie à la Händel bis Mendelssohn werfen die Frage auf, ob hinter der künstlerischen Linie dieser Komposition nicht doch mehr Eigensinn steckt als politischer Gehorsam des heimgekehrten Russen.

Es ist eine Art von tonalem Stolz, die für sich spricht. Großer Jubel für die Meistergeigerin Arabella Steinbacher, das RSB und seinen Chefdirigenten Marek Janowski.

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