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Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller bei der Besichtigung des fertigen Proberaums des Orchesters.

© dpa

Rundgang Berliner Staatsoper: Wie’s drinnen aussieht, geht jeden was an

Das sanierte Intendanzgebäude und das neu erbaute Probenzentrum der Berliner Staatsoper sind fertig. Ein erster Rundgang.

Das frisch vergoldete Rankenwerk am Balkongitter des Intendanzgebäudes funkelt in der Spätsommersonne. Neu gepflastert lädt die Straße Hinter der Katholischen Kirche zum Flanieren ein, und sogar die Blitzableiter sind schon angebracht. Hinter einer Fassade, die 1955 so tat, als wären wir noch im 18. Jahrhundert, und die sich aufgrund strenger Denkmalschutzvorgaben heute wieder so präsentiert wie 1955, also im Stil des Talmi-Rokoko, ist die Belegschaft der Staatsoper wieder eingezogen. Seit dem 31. August, probehalber für vier Wochen.

Nebenan, über dem Bühnenhaus, drehen sich aber noch Kräne, die Nord- wie die Ostseite des Gebäudes sind weiterhin komplett eingerüstet – denn auf Berlins zweitgrößter Skandalbaustelle gibt es bis zur offiziellen Übergabe im kommenden Frühjahr weiterhin viel zu tun. Aber ein erster Schritt ist getan.

Und den will sich Michael Müller zusammen mit seinem Bausenator am Dienstag anschauen. Andreas Geisel trägt Krawatte und spricht sehr staatsmännisch zur versammelten Presse, der Regierende hat das Hemd zwei Knöpfe weit offen und kommt 20 Minuten zu spät. Das Politiker-Gespann wird vom Intendanten-Duo empfangen, Jürgen Flimm, der noch bis Frühjahr 2018 das Haus führt, und seinem Nachfolger Matthias Schulz, der sich bereits einarbeitet.

Flimm freut sich, dass zuerst die sanierte Intendanz mit dem neu errichteten Probenzentrum den Nutzern übergeben wird und erst später das Haupthaus mit Zuschauerraum und Foyers: „Denn das Zentrale bei einem Theater ist nicht die Bühne, es sind vielmehr jene Räume, in denen das entsteht, was später bei den Vorstellungen zu sehen ist.“ Sechs Wochen dauert die Vorbereitungszeit einer Opernpremiere – und ab sofort werden die Mitarbeiter der Berliner Staatsoper dabei unter Bedingungen arbeiten, wie sie sich praktischer und bequemer nicht erträumen lassen.

Manche Räume wurden mit größtem Aufwand in den Originalzustand zurückversetzt

Begleitet vom Architekten HG Merz führt Hermann Josef Pohlmann, der Leiter der Hochbauabteilung in der Bauverwaltung, durchs Haus, zeigt zunächst jene Räume, die mit denkbar größtem Aufwand in den Originalzustand zurückversetzt wurden: Alles, was sich im stark verwohnten Intendanz-Trakt ausbauen ließ, vom prächtigen klassizistischen Säulenkapitell bis zur unscheinbarsten Fußleiste, wurde katalogisiert, aufgearbeitet und wieder an Ort und Stelle eingebaut. In pastelligem Türkis sind die Wände gestrichen, man wandelt über edles Tafelparkett, blickt durch hohe Fenster in den Innenhof, der von allen nachträglichen Einbauten befreit wurde.

Viele Decken sind mit gefälteltem Stoff bespannt, überall verbreiten gläserne Kronleuchter Glanz in eleganter Fünfziger-Jahre-Optik. 36 Millionen Euro wurden in die Intendanz investiert, mit 68 Millionen Euro schlug das neue Probenzentrum zu Buche. Das von außen übrigens unsichtbar bleibt, verborgen hinter den historisierenden Fassaden, im Innern aber äußerst weitläufig wirkt und weit unter die Erde reicht.

Vorbei an vielen Bürotüren, Künstlergarderoben und Werkstätten gelangt man ins Herzstück des Hauses, den Orchesterprobensaal. 430 Quadratmeter groß, 9,14 Meter hoch, ausgestattet mit einem Spezialvorhang, über den sich die Nachhallzeit regulieren lässt, und einer Galerie, auf der die Sänger sich fühlen können wie auf der Bühne, bietet dieser akustisch vom Rest des Gebäudekomplexes abgekoppelte Raum ideale Arbeitsbedingungen. Die Mitglieder der Staatskapelle sollen nach dem ersten Klangtest Tränen der Rührung in den Augen gehabt haben, berichtet Matthias Schulz.

Und auch Jürgen Flimm zeigt sich angemessen euphorisiert, ist kaum zu stoppen in seinem Erzählfluss. Am wenigsten natürlich eine Etage tiefer, im Saal für die szenischen Proben, wo gerade „Don Giovanni“ vorbereitet wird. Unter denselben Bedingungen wie auf der Hauptbühne, einfach toll! Ab dem 22. September ist Claus Guths grandiose Inszenierung wieder zu sehen, sechs Kilometer westlich von hier, im Schillertheater.

13 Monate sind für die Belegschaft noch zu absolvieren in Charlottenburg bis zur Wiedereinweihung des Stammhauses. Beim Blick in die Kantine, die zuletzt aussah wie ein Anna-Viebrock-Bühnenbild, und nun wie für ein Candida-Höfer-Foto zurechtgemacht wirkt, dürfte so manchen Mitarbeiter jetzt schon die Ungeduld packen.

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