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Ein offenes Haus soll es werden: das Museum des 20. Jahrhunderts in Berlin.

© Herzog & de Meuron

Wenn schon teuer, dann wenigstens gut: Auf einmal mögen alle das Museum der Moderne

Funktioniert die Scheunen-Architektur? Das war umstritten beim neuen Museum am Berliner Kulturforum. Kurz vor dem ersten Spatenstich steigt die Begeisterung.

Der Spatenstich für das geplante Museum des 20. Jahrhunderts soll am 3. Dezember gefeiert werden. Wann der geplante Neubau eröffnet, darauf will sich am Montagabend im Foyer des Kammermusiksaals in der Philharmonie aber niemand genau festlegen. 2026. Vielleicht.

Bei einer von der Stiftung Preussischer Kulturbesitz organisierten Infoveranstaltung zur Planung des Museums des 20. Jahrhunderts präsentieren sich die Veranstalter am Montagabend glücklich und erleichtert. Der Haushaltsausschuss des Bundestages stimmte dem Kostenplan trotz gestiegener Kosten zu. Bei einer Diskussionsveranstaltung in der Philharmonie, dem künftigen Nachbarn, sind überwiegend Experten und Freunde des Projekts versammelt.

Allen voran Architekt Jacques Herzog. Außerdem die künftigen Hausherren Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preussischer Kulturbesitz und Udo Kittelmann, der scheidende Direktor der Nationalgalerie. Auch dabei: „Welt“-Feuilletonredakteurin Swantje Karich, die Kittelmann und Herzog bereits zu einem Interview in Basel getroffen hat und sich – als Fürsprecherin des Projekts und ohne Gegenpart in der Runde – nun doch etwas komisch vorkommt.

Auch Hannes Langbein ist gekommen, Direktor der Stiftung St. Matthäus, an dessen Kirchengebäude das neue Museum ziemlich dicht heranrücken wird. Seine Institution erhält 5 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt.

Es sei nicht fürs "Klappehalten" gedacht, wie eine Zeitung insinuierte, sondern weil es bei einem so großen Bau in der unmittelbaren Umgebung zu Kollateralschäden kommen kann, wie Langbein sagt. Und die Mittel sollen auch helfen, das Kirchenhaus auf die erwarteten steigenden Besucherströme vorzubereiten.

Die Kosten sind nicht Chefsache

Am allerwenigsten will sich Architekt Jacques Herzog zu konkreten Terminen äußern. Termine und Kosten seien nicht so seine Sache, sagt er. Da bleibt manchem im gut besetzten Zuschauerraum das Lachen im Halse stecken.

Sind die Kosten des Museums doch schon vor dem Spatenstich von 200 Millionen auf 450 Millionen Euro gestiegen. Es wird noch viel teurer, sagen Kritiker. Und auch immer wieder wird gefragt: Hätte man doch lieber an der Sigismund Straße bauen sollen? Hätte man doch übers städtebaulich so schwierige Kulturforum nochmal anders nachdenken müssen?

Besonders die Medien in München und Frankfurt seien kritisch, wenn es um das Berliner Projekt gehe, bedauert die Stiftung und nicht nur Udo Kittelmann fand so machen kritischen Beitrag "krass" und zu emotional.

Wenn Jacques Herzog bekennt, dass die Kosten nicht seine Sache sind, soll das natürlich heißen: er, als Chef des Architekturbüros Herzog & DeMeuron, kümmert sich um das große Ganze.

Und auch wenn die Kritiker des Baus überwiegend nicht zur Veranstaltung erschienen sind, schon gar nicht auf dem Podium, wohin sie laut Stiftung eingeladen worden seien, leistet Herzog doch Überzeugungsarbeit: „Wir werden hier etwas hinstellen, das die Leute lieben werden.“

Das Museum der Moderne ist nach allen Seiten offen

Das Big Picture erklärt er so: Das Museum des 20. Jahrhunderts, wegen seiner Ziegelsteinfassade und dem Satteldach bereits „Scheune“ genannt, wird sich in alle Richtungen öffnen und die Nähe zu den umliegenden Institutionen suchen. „Das unterscheidet es von einem Museumsbau in London oder Hongkong“, sagt Herzog, der in den genannten und anderen Städten bereits ikonische Museumneubauten errichtet hat.

Das Museum des 20. Jahrhunderts auf dem problematischen, seit Jahrzehnten verödeten Kulturforum, wird sich zum Scharounplatz und zur Potsdamer Straße hin öffnen und – auch wenn das noch genauerer Planungen bedarf - auch zur Matthäikirche und zur Neuen Nationalgalerie hin. „Der Eindruck, dass es eine Vorder- oder Rückseite gibt, soll erst gar nicht entstehen“, so Herzog.

Auf den Renderings, die er zeigt, sieht man, dass am Giebel des Museumsneubaus eine große gekippte Glasscheibe befestigt ist. In der wird sich die Neue Nationalgalerie spiegeln – eine ähnlich beeindruckende Spiegelung wie in dem Gemälde „Seestück", das Gerhard Richter einst gemalt hat.

Große Tore sollen eine Verbindung zum Außen ermöglichen

Das neue Haus wird sich über riesige Tore und eine von innen und außen beleuchtete Fassade für verschiedene Bespielungen öffnen. Im Innern sei das Haus wie ein Labyrinth aus verschiedenen Räumen, alle sind unterschiedlich hoch, verschiedene Sichtachsen bilden sich, großzügige, lichtdurchflutete und intime Räume lassen sich herstellen.

Kunst wird im 21. Jahrhundert nicht mehr in starren Präsentationen gezeigt, auch nicht die wertvolle Kunst des 20. Jahrhunderts, die die Sammlung der Nationalgalerie umfasst. Sie soll in Korrespondenz mit Werken aus anderen Zeiten und anderen Zusammenhängen treten. Dafür ist das Haus konzipiert.

Und die Sammler Heiner und Ulla Pietzsch, deren Werke Teil des Bestandes sind und die ebenfalls im Publikum sitzen, sind offenbar einverstanden damit, dass es keine fest zugeordneten Räume für ihre Sammlung geben soll.

Offene Fragen bleiben

Soweit so gut. Man nimmt Herzog ab, dass er ein solches Haus planen kann. Offene Fragen bleiben trotzdem. Die werden an dem Abend gestellt, aber nicht beantwortet:

  • Ein flexibles Haus mit einem anspruchsvollen Ausstellungskonzept, langen Öffnungszeiten und viel Austausch braucht für den Betrieb Geld für Kuratoren, Mitarbeiter, Ausstellungen, Kooperationen, Vermittlung. Woher der Etat dafür kommen wird, kann Stiftungspräsident Parzinger nicht sagen. Nur dass es irgendwie klappt. „Das Haus muss belebt werden. Das wird die Gesellschaft viel kosten“, sagt Udo Kittelmann.
  • Wie eine sinnvolle Verbindung zwischen der „Scheune“ und den auf einem Sockel stehenden "Tempel" der Neuen Nationalgalerie von Mies van der Rohe entstehen soll – außer über den Spiegel und einen unterirdischen Gang – bleibt offen.
  • Die sehr ruhige Fassade bildet einen Kontrast zur im 20. Jahrhundert radikal moderner Kunst, die im Museum gezeigt werden soll. Jacques Herzog gibt zu, dass man in Sachen Fassade noch etwas nachwürzen muss.
  • Und: der Name „Museum des 20. Jahrhunderts“ klingt nicht eben nach Zukunft. Auch hier müssen die Museumsdirektoren noch einmal in sich gehen. Wie und warum die Kosten derart gestiegen sind, wurde hingegen nicht mehr diskutiert.

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