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Wagner-Töchter

© [M] dpa

Bayreuther Festspiele: Wagner-Nachfolge steht fest

"Doppelspitze": Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner, die beiden Töchter von Wolfgang Wagner (89) aus zwei Ehen, werden künftig die renommierten Richard-Wagner-Festspiele leiten. Sie haben sich damit gegen ihre Cousine Nike Wagner durchgesetzt, die gemeinsam mit Gérard Mortier angetreten war.

Wachwechsel und Zeitenwende in Bayreuth: Katharina Wagner (30) und ihre Halbschwester Eva Wagner-Pasquier (63) treten die Nachfolge ihres Vaters Wolfgang Wagner in der Leitung der Bayreuther Festspiele an. Das hat am Montag der Stiftungsrat der Richard-Wagner-Festspiele, die als das weltweit bedeutendste Opernfestival gelten, mit großer Mehrheit entschieden.

Die Schwestern galten im Wettbewerb mit ihrer Cousine Nike Wagner (63) und Gérard Mortier (64) als klare Favoritinnen und treten damit als Festspielleiterinnen in die Fußstapfen von Richard, Cosima, Siegfried, Winifred, Wieland und Wolfgang Wagner. Künstlerischer Berater soll der Dirigent Christian Thielemann sein, der schon seit Jahren am "Grünen Hügel" präsent ist und als Wagner-Dirigent hohes Ansehen im In- und Ausland genießt.

"Befremdliche Prozedur"

Nike Wagner sprach in einer ersten Erklärung von einer "befremdlichen Prozedur". Sie sei traurig über den Ausgang des Verfahrens, habe aber auch die Hoffnung, "dass meine Cousinen die Anregungen von Gérard Mortier und mir aufgreifen. Ich wünsche ihnen dabei viel Erfolg." Der Familienstamm Wieland Wagners wollte sich nach Angaben des Wieland-Sohnes und Bruders von Nike, Wolf Siegfried Wagner, nicht an der Abstimmung beteiligen.

Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner wollen alle dramaturgischen und inhaltlichen Entscheidungen über Spielplan, Dispositionen, Konzeptionen, Dirigenten, Regisseure und Ausstatter gemeinschaftlich treffen. Die 30-jährige Katharina soll für ein modernes Wagner-Bild stehen und vor allem auch ein jüngeres Publikum für Wagner begeistern. Die 63-jährige Eva, bisher Festivalleiterin im südfranzösischen Aix-en-Provence, soll für musikalische Qualität, Planungssicherheit und einen "verantwortlichen Umgang mit den finanziellen Ressourcen" sowie eine verstärkte Einbindung Bayreuths in die weltweite Opernszene sorgen.

Kein Vertrag auf Lebenszeit

Mit den beiden Urenkelinnen Richard Wagners sollen jetzt Vertragsverhandlungen aufgenommen werden, die spätestens Anfang 2009 beendet sein sollen. Anders als noch bei ihrem Vater wird es keinen Vertrag auf Lebenszeit mehr geben. Gleichzeitig sind die bisher von Wolfgang Wagner gehaltenen Gesellschafteranteile der Bayreuther Festspiele GmbH zu gleichen Teilen an den Bund, den Freistaat Bayern, die Stadt Bayreuth und einen privaten Förderkreis übergegangen, die im Stiftungsrat vertreten sind. Eigentümerin des Festspielhauses ist die 1973 errichtete Richard-Wagner-Stiftung.

Der am vergangenen Samstag 89 Jahre alt gewordene und gesundheitlich angeschlagene Wolfgang Wagner war mit dem Ende der diesjährigen Bayreuther Festspiele Ende August nach 57 Jahren zurückgetreten. Er hatte die 1876 begründeten Festspiele, die auch als "Mutter aller Festspiele der Neuzeit" bezeichnet werden, bis 1966 gemeinsam mit seinem Bruder Wieland geleitet.

"Bayreuther Geist" neu beleben

Noch 2001 hatte er auf seinen lebenslangen Vertrag gepocht und damit die vom Stiftungsrat beschlossene Ernennung seiner Tochter Eva aus erster Ehe zu seiner Nachfolgerin verhindert. Damals wollte er seine inzwischen verstorbene zweite Frau Gudrun als "Statthalterin" für die damals noch junge gemeinsame Tochter Katharina durchsetzen.

Eva und Katharina Wagner verfügen beide über praktische Erfahrung in Bayreuth, auch wenn diese im Fall Eva schon 30 Jahre zurückliegt. Nike Wagner (63), die heute das Kunstfest Weimar leitet, musste sich dagegen immer mit der Zuschauerrolle am "Grünen Hügel" zufriedengeben. Eva und Katharina Wagner wollen den legendären "Bayreuther Geist" neu beleben, die künstlerische Qualität der Festspiele steigern und ihre mediale Vermittlung und Vermarktung modernisieren.

"Was im Bayreuther Festspielhaus zu hören und zu sehen ist, soll Inbegriff und Maßstab für die musikalische und szenische Deutung von Richard Wagners Musikdramen sein." Die Schwestern wollen in Bayreuth weiterhin nur Wagner-Opern spielen, der Kanon der aufgeführten Hauptwerke vom "Holländer" bis "Parsifal" soll beibehalten werden, allenfalls Aufführungen des "Rienzi" seien "überlegenswert", den auch schon Cosima Wagner aufführen ließ. Nike Wagner und Gérard Mortier wollten Bayreuth zur "ersten Wagner-Bühne" machen und meinten in ihrem Konzept, die bisherige Wagner-Tradition sollte "zum ersten Mal neu überdacht werden". Sie schlugen auch bis zu zwei Neuinszenierungen pro Saison und eine Bayreuther Pfingstsaison mit Gastspielen im Markgräflichen Opernhaus vor. (pb/dpa)

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