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Professor Immanuel Rath (Emil Jannings) lässt sich von Lola Lola (Marlene Dietrich) gerne umgarnen. Ihre Rolle in Josef von Sternbergs Film „Der Blaue Engel“  (1930) machte die junge Schauspielerin über Nacht zum Star

© imago images/Ronald Grant

Von Kopf bis Fuß Berlinerin: Ein Buch über Marlene Dietrichs Beziehung zu ihrer Heimatstadt

Gleich nach der Premiere von „Der blaue Engel“ verschwand der neue Star in Richtung Hollywood. Berlin hat sie danach nur selten besucht, wollte hier aber begraben werden.

Selbst Udo Lindenberg war „von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“, wie vor ihm viele andere. Zum Beispiel die Comedian Harmonists, die Knef und Max Raabe sowieso, und ja, sogar Paul McCartney hat sich zu „Falling in Love Again“ bekannt, 1962 bei einem Auftritt der Beatles im Hamburger Star-Club. Ein Jahrhunderthit also, den Friedrich Hollaender 1930 der Nachwuchskünstlerin Marlene Dietrich für ihre Rolle in „Der blaue Engel“ auf den Leib geschrieben hatte.

Und ein kurioses Fehlurteil, dass ausgerechnet dessen erste, damit berühmt gewordene Interpretin den Song nicht mochte und sein Potenzial verkannte. Er sei „schrecklich, irgendwas von Männern, die mich umschwirren wie Motten das Licht“, soll sie gegenüber ihrer Tochter Maria Riva geklagt haben. Sie sei nur froh darüber, dass sie das Lied nach Abdrehen des Films nie mehr singen müsse. Sollte sich die preußische Beamtentochter angesichts der gelinden Frivolität des Textes geschämt haben?

Selbst die Beatles spielten „Falling in Love Again“

Die Anekdote findet sich in dem jüngst bei BeBra veröffentlichten Büchlein „Marlene Dietrich in Berlin“ von Ulrike Wiebrecht, die dem „Blauen Engel aus Berlin“ im selben Verlag vor gut zwei Jahrzehnten schon einmal ein so betiteltes Buch gewidmet hat. Die neue Publikation ist weitgehend textidentisch, wurde etwas gekürzt, auch fehlen diesmal leider Fotos und ein bibliografischer Anhang, der eine vertiefende Lektüre erlaubte.

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Der schmale Band ist eben ganz den Bedürfnissen der im vergangenen Herbst eröffneten, jetzt mit vier Titeln fortgeführten Reihe „BeBra Mini“ angepasst. Sie bietet laut Verlag Bücher, die „im handlichen Kleinformat spannende Perspektiven auf ausgewählte Themen der Geschichte und Kultur“ eröffnen; so aktuell zur Luftbrücke oder zur Strafjustiz in der Weimarer Zeit anhand von Erinnerungen des damals prominenten Berliner Verteidigers Erich Frey. Auch Mark Twain, von November 1891 bis März 1892 zu Besuch in Berlin, kommt in einem Band zu Wort, beschreibt gewohnt humoristisch, „wie man in Berlin eine Wohnung mietet“, oder rühmt gar die Metropole an der Spree als „das Chicago Europas“.

„Ich bin, Gott sei Dank, Berlinerin“

Und schließlich geht es um Marlene in Berlin, wobei man die biografisch einschränkende Ortsangabe nicht zu ernst nehmen sollte. Denn selbstverständlich behandelt die Autorin, wenngleich kürzer, auch die weitaus längeren Berlin-fernen Abschnitte im Leben Dietrichs.

Wenngleich diese ihre Autobiografie fast lokalpatriotisch mit „Ich bin, Gott sei Dank, Berlinerin“ betitelte, ist sie doch nach ihrem Umzug in Richtung Hollywood, wohin sie bereits am Premierenabend des „Blauen Engels“ abreiste, zu Lebzeiten nur noch sporadisch in ihre Heimatstadt zurückgekehrt – und erst nach ihrem Tod für immer, auf eigenen Wunsch, begraben auf dem Friedhof an der Friedenauer Stubenrauchstraße.

Begonnen hatte dieses Leben auf der „Roten Insel“, am 27. Dezember 1901 in der heutigen Leberstraße 65. „Nur an einer kleinen Gedenktafel“ sei das zu erkennen, heißt es in der alten wie neuen Version des Buches. Seit 2008 stimmt dies freilich nicht mehr, als dem Haus zusätzlich eine „Berliner Gedenktafel“ spendiert wurde.

Auch an vielen anderen Orten in Berlin wären solche an den Star erinnernde Tafeln möglich, aus deren von der Autorin genannten Adressen man leicht einen Marlene-Dietrich-Spaziergang erstellen könnte. Eine ist die der ehemaligen, Mädchen vorbehaltenen Auguste-Viktoria-Oberschule in der Nürnberger Straße 63, heute Sitz der Erwachsenenbildungsstätte Kolleg Schöneberg.

Und am Schlosspark-Theater in Steglitz könnte eine Plakette an Marlenes ersten, im Buch unerwähnten Bühnenauftritt erinnern. Am 20. Januar 1920 mimte sie in dem Lustspiel „Der große Bariton“ eine Verehrerin der Titelfigur. Man könnte auch sagen: Sie umschwärmte ihn wie ‘ne Motte das Licht.

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