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Con passione. Riccardo Muti hält Gefühle nicht zurück.

© Hans Punz/APA/dpa

Dirigent Riccardo Muti wird 80: Verdis Stellvertreter auf Erden

Zuerst kommt immer die Partitur: Der Dirigent Riccardo Muti ist sich stets treu geblieben. Jetzt feiert er seinen 80. Geburtstag.

Giuseppe Verdi steht bei ihm an erster Stelle. Keinem anderen Komponisten hat sich Riccardo Muti von früh auf mit vergleichbarer Akribie gewidmet. Nichts ärgert den Dirigenten so sehr wie die Respektlosigkeit, mit der Kollegen in dessen Opern Arien transponieren, mit Spitzentönen enden lassen, die nicht vorgesehen sind, oder ganze Szenen streichen. Entsprechend hat es sich Maestro zur Aufgabe gemacht, Verdi vor solchem „Missbrauch“ zu schützen. Zuletzt, als er im Juni in Verona „Aida“ dirigierte, eine Rückkehr in die Arena nach 40 Jahren.

Am heutigen 28. Juli wird der italienische Maestro, geboren in Neapel und aufgewachsen in der kleinen Hafenstadt Molfetta in Apulien, 80 Jahre alt. Ein Rückblick auf seine musikalischen Anfänge offenbart eine höchst vielseitige Ausbildung sowie frühe Begegnungen mit Künstler-Persönlichkeiten wie Nino Rota, Swjatoslaw Richter, Emil Gilels oder Agnes Giebel.

Seine Ausbildung begann der beste Verdi-Dirigent unserer Zeit zunächst als Pianist in Bari, später studierte er Komposition und Dirigieren in Mailand, wo er in Antonino Votto, Arturo Toscaninis legendärem Assistenten an der Scala, seinen verehrten Lehrer fand. Von ihm schaute sich Muti vor allem das ab, was dann auch seine eigene künstlerische Arbeit auszeichnen sollte: Treue zur Partitur, Präzision und Charisma.

Auf Einladung Herbert von Karajans debütiert der Gewinner des Guido Cantello-Dirigenten-Wettbewerbs als Dreißigjähriger 1971 bei den Salzburger Festspielen und bei den Berliner Philharmonikern. Weitere Erfolge lassen nicht auf sich warten, aber zunehmend durchsetzen die Karriere auch Skandale und Brüche. Stets seinen künstlerischen Visionen treu und konsequent in seiner Kompromisslosigkeit, legt sich Muti mit Regisseuren an, die sich zu weit von den Stücken entfernen, bisweilen lässt er Premieren platzen.

Regelrecht mit einem Paukenschlag endet 2005 nach 19 Jahren die glanzvolle Ära an der Mailänder Scala im Zuge eines heftigen Streits um die Intendanz: Weil die Belegschaft seinen Favoriten Mauro Meli ablehnt, geht Muti im Zorn.

Musik macht den Menschen besser, glaubt Muti

Unter den Orchestern, mit denen der Altmeister kontinuierlich zusammenarbeitet, stehen ihm die Wiener Philharmoniker, das Chicago Symphony und das Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks besonders nah. Und natürlich sein Orchestra Giovanile Luigi Cherubini für den professionellen Nachwuchs, das er 2004 selbst gegründet hat.

Auch in Corona-Zeiten ist Muti sehr aktiv, leitet zahlreiche Konzerte mit und ohne Publikum quer durch ganz Italien, hält vor oder nach den Auftritten Ansprachen, in denen er hervorhebt, dass die Musik uns besser mache. Und er appelliert in offenen Briefen an Politiker, den Menschen ihre geistige Nahrung nicht länger vorzuenthalten und Theater wieder zu öffnen.

Ob der italienische Nationalkomponist Giuseppe Verdi wohl mit dem Einsatz zufrieden wäre, den sein Landsmann Riccardo Muti an den Tag legt, etwa auch in seiner 2015 gegründeten Opernakademie in Ravenna? Er wolle gar nicht wissen, ob ihm sein Versuch, Verdi zu dienen, gelungen sei oder nicht, sagt der Dirigent – denn falls nicht, würde er sich fühlen „wie zu ewiger Verdammnis verurteilt.“

Kirsten Liese

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