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Mal Paganini, Mal Platzhirsch. Der Pianist Lars Vogt.

© Anna Reszniak

Lars Vogt und die Tetzlaffs: Trio mit Brio

Inbesitznahme des Klangs: Der Pianist Lars Vogt und die Tetzlaffs führen im Pierre Boulez Saal Werke von Schumann, Brahms und Dvorák auf.

Ungeschützter noch als beim Streichquartett entblößen sich Musiker im Klaviertrio. Die Kombination aus Geige, Cello und Klavier blühte zweimal, erst bei Schubert und Beethoven, dann bei den Romantikern, bevor andere musikalische Ausdrucksformen sie im 20. Jahrhundert verdrängten. Lars Vogt, Christian Tetzlaff und seine Schwester Tanja Tetzlaff – die schon lange gemeinsam auftreten, ohne der Formation je einen Namen gegeben zu haben – schreiten im Pierre Boulez Saal den Kreis dieser zweiten, romantischen Blüte weit aus, beginnend mit Robert Schumanns zweitem Trio in F-Dur. Schumann schrieb es unmittelbar nach dem ersten Trio, entsprechend seiner Neigung, sich blockhaft und jahresweise mit den Gattungen auseinanderzusetzen.

Ab dem ersten Sforzato-Akkord zeigt sich, mit welch unterschiedlichen Charakteren man es hier zu tun bekommt. Vor allem Geiger Christian Tetzlaff spielt sich ordentlich in den Vordergrund, mal Paganini, mal Platzhirsch, mit kratzbürstigem Strich, der den Fokus nicht auf Schönheit, sondern Wahrhaftigkeit legen will. Auch optisch, mit nervös schwankendem Oberkörper, ist er der Unruhepol des Trios. Neutralisiert wird das von einer viel konzentrierte Ruhe ausstrahlenden Tanja Tetzlaff, deren süffig-klangsatter Celloton die ganze Empfindsamkeit der Romantik in sich zu bergen scheint. Lars Vogt wiederum bietet eine verlässliche Basis am Klavier, zieht dabei alle Register seines breiten Ausdrucksspektrums, gleitend vom ätherisch-luftgeistigen zum dämonisch-vollgriffigen Anschlag und wieder zurück.

Ihr Spiel ist von Achtsamkeit geprägt

Gemeinsam machen sich die drei an die filigrane Detailarbeit, präparieren die Variationen heraus, mit denen Johannes Brahms das Andante con moto seines C-Dur-Klaviertrios strukturiert hat, lassen den Hörer nachvollziehen, wie das Finale des Stücks zwischen zwei Tonarten pendelt – und legen so Brahms’ von Schönberg beschworene Modernität frei.

Antonín Dvorák schließlich verzichtet in seinem populären „Dumky“-Trio selbstbewusst auf die Verarbeitung der Themen, wie sie noch Brahms in den Mittelpunkt rückt, und stellt die slawisch inspirierten Melodien in ihrer ganzen Schönheit pur aus. Christian Tetzlaff beweist jetzt, dass er sich durchaus in der Begleitung auch total zurücknehmen, die Töne nur sanft kräuseln lassen kann. Dass er zuvor klanglich so überpräsent war, kann mit der Akustik des Saals zu tun haben. Im Parkett begünstigt sie die Instrumente, die direkt vor dem Hörer positioniert sind, im Rang mischt sich alles besser.

So oder so: Von einer Verschmelzung der Stimmen kann man bei Vogt und den Tetzlaff-Geschwistern eher nicht sprechen. Es bleiben drei sehr prägnante, heterogene Individuen, deren Spiel von Achtsamkeit geprägt ist. Sie überlassen sich selten ganz dem Sog der Musik. Sondern feilen und arbeiten an ihr, bis das Ziel erreicht ist: die Inbesitznahme des Klangs.

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