zum Hauptinhalt
Auf dem zweitältesten Sohn David (Harris Dickinson) ruhen die Hoffnungen des herrischen Vaters.

© Brian Roedel/Brian Roedel

„The Iron Claw“ im Kino: Der Fluch im Wrestling-Ring

Das Drama „The Iron Claw“ erzählt die wahre Geschichte einer amerikanischen Ringerfamilie. Und eines tragischen Generationenkonflikts.

Die Geschichte der Wrestler-Familie von Erich dürfte insbesondere in den USA schon oft erzählt worden sein, in Europa eher nicht so. Denn Wrestling ist in den USA enorm populär, ein Sport, bei dem das Ringen, das Catchen nur das eine ist. Das andere sind die Showelemente: Der Sieger steht bei jedem Kampf schon im Voraus fest, primär geht es ums Entertainment.

Die von Erichs gehörten in den achtziger Jahren zu den erfolgreichsten Wrestlern der USA. Ihre Familiengeschichte dagegen ist eine tragische, griechische Tragödien sind nichts dagegen: Fünf der sechs Söhne des Familienpatriarchen Fritz von Erich, der bürgerlich Jack Adkisson hieß, starben in jungen Jahren, drei davon durch Selbstmord.

Schöner Zeitkolorit der achtziger Jahre

So ist denn auch Sean Durkins „The Iron Claw“ kein Film allein über das Wrestling– Entwarnung also! –, sondern vor allem ein Familiendrama mit viel schönem Zeitkolorit: die achtziger Jahre revisited, von den Klamotten über die Frisuren bis zu den Autos und den Einrichtungen, inklusive US-Präsident Jimmy Carter im Fernsehen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Nach einem Prolog in schwarz-weiß zur Illustrierung der Motivation und Herkunft des Vaters und der strenggläubigen Mutter, geht es mitten ins Familienleben und zu den Jungs und ihren aufgepumpten Körpern. Kevin von Erich, in seiner zunächst naiven Unbedarftheit und Stumpfness toll gespielt von Zac Efron, ist gewissermaßen die Hauptfigur und irgendwann auch der Erzähler aus dem Off.

Er ist schließlich der Überlebende der sechs Brüder, (deren jüngsten Durkin der Fiktion zuliebe geopfert hat), dazu kommen David (Harris Dickinson), mit dem Kevin sich immer wieder misst, und der verträumte Mike (Stanley Simons), der lieber Musik spielt sich fürs Wrestling zu interessieren.

Das Scheitern des Vaters ist der Fluch der Söhne

Dass es hakt in der Familie, der Vater (Holt McCallany) unerbittlich ist mit seinem stahlgrauen Bürstenhaarschnitt, sie verflucht ist, das macht Durkin früh deutlich: Kevin versucht seiner Mutter (Maura Tierney) nahezubringen, dass sie doch bitte Mike vor dem Zugriff des Vaters schützen soll, was sie ablehnt; und Kevin erzählt bei einem ersten Date mit seiner späteren Frau, dass es eben diesen Familienfluch gibt, in den Generationen vor ihm und jetzt wieder. Denn er ist nicht der älteste, sondern der zweitälteste Sohn. Im Alter von fünf Jahren musste er erleben, wie sein ein Jahr älterer Bruder Jack an einem Stromunfall starb.

Die Von-Erich-Söhne Kevin (Zac Efron), Kerry (Jeremy Allen White) und David (Harris Dickinson) rangeln mit dem Vater (Holt McCallany).

© Eric Chakeen

Genauso deutlich wird in „Iron Claw“ die Familiendynamik: das Regime des Vaters, der sich den Weltmeistertitel, der ihm selbst versagt war, von einem seiner Söhne wünscht. Dabei gestaltet er das Ranking unter den Söhnen immer wieder neu.

David wird schon bald Kevin ablösen, später entwickelt sich Kerry (Jeremy Allen White) zur Nummer eins. Kerry hatte sich als Diskuswerfer für die Olympischen Spiele 1980 qualifiziert, wurde aber aufgrund des Boykotts der USA wegen des sowjetischen Afghanistan-Einmarsches um die Teilnahme gebracht. Danach erst wandte er sich, nach Verfügung des Vaters, dem Wrestling zu.

Als Kontrapunkt zum Vater sind sich die Brüder dagegen untereinander allesamt sehr verbunden, trotz des subtilen Konkurrenzkampfes. Zu den schönsten Szenen des Films gehören jene, wenn sie vor dem Haus miteinander kämpfen, gemeinsam am Tisch sitzen oder trotz mütterlichem Verbot den jüngsten, Mike, zu seinem Auftritt als Sänger und Gitarrist einer Rockband in eine Bar begleiten.

Schicksalsschlag folgt auf Schicksalsschlag

Durkin gelingt es, die Wrestling-Szenen und jene innerhalb der Familie schön aufeinander abzustimmen. Das subtile Erzählen jedoch ist seine Sache nicht. Chronologisch geht es durch die Jahre, Schicksalsschlag folgt auf Schicksalsschlag. Und allzu offensichtlich werden diese motivisch vorbereitet: David, der bei der Hochzeit von Kevin auf der Toilette mit Magen-Darmproblemen zusammenbricht (und kurz darauf in Japan an einem Darmdurchbruch stirbt); Kerry, der nach dem Gewinn des Weltmeistertitels mit seinem Motorrad durch die Nacht rast (und dann nach einer Fußamputation mit Krücken zu sehen ist); Mike, der seiner Mutter sagt, dass er David als Wrestler nie ersetzen wird (und sich danach umbringt). Und wieder Kerry, wie er dem Vater zu Weihnachten eine Pistole schenkt.

Fast überflüssig zu erwähnen, dass die „Iron Claw“, die eiserne Hand- und Fingerkralle vor dem Gesicht des Gegners im Wrestling-Ring, natürlich auch die eiserne Kralle des Vaters ist, der mit seinen Söhnen kein Pardon kennt. Dass sich Kevin daraus befreit, macht Durkins Film trotz seiner erzählerischen Schlichtheit fast noch zu einem Entwicklungsroman. Und dass Kevin den Familienfluch besiegt und zumindest der Abspann aus dem wahren Leben von einem Happy end berichtet, beruhigt nach all der Tragik ungemein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false