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Tash Sultana, 23, aus Melbourne.

© Sony Music

Tash Sultana live in Berlin: Dreh dich im Kreis mit mir

Beim ersten von zwei ausverkauften Konzerten in der Berliner Columbiahalle demonstrierten Tash Sultana ihre Loop-Pop-Künste.

Schon in der Kindheit fühlte sich Tash Sultana als Junge, verliebte sich später in Mädchen. Gedanken an eine Geschlechtsangleichung begleiten die 1995 in Melbourne als Natasha Sultana geborene Musiker*in bis heute. In zwei Jahren soll eine Entscheidung fallen. Bis dahin sieht sich Sultana als non-binär und möchte weder als Frau, noch als Mann bezeichnet werden. Um dem zu entsprechen kann man das Pronomen „sie“ im Plural verwenden, das sich inzwischen für Menschen außerhalb der Genderkategorien etabliert hat.

Dass Sultana zögern, eine Transition anzugehen, hängt auch damit zusammen, dass sich durch Testosteron die Stimme verändert: Sie wird brüchiger und tiefer. Was schade wäre im Falle dieses Multitalents, das durch seine Youtube-Videos bereits ein Millionenpublikum erreicht und gerade sein Debütalbum „Flow State“ veröffentlicht hat. Die Gesangslinien steigen darauf immer wieder in große Höhen hinauf, münden in gedehnten Klagerufen und erinnern gelegentlich an Asaf Avidan.

Trompete, Gitarren, Panflöte - der Instrumentenpark ist riesig

Auch beim ersten von zwei ausverkauften Konzerten in der Berliner Columbiahalle zeigt sich das eindrucksvolle Spektrum dieser Stimme. Leider wird sie meist von einem Halleffekt verwischt. Was wohl zum Konzept gehört: verschmelzen, verbinden, Genres überwinden – Sultana möchten sich auch in ihrer Musik nicht festlegen lassen. Elemente aus Folk, Rock, Reggae und Jazz fließen hier ineinander, alles ohne Hilfe einer Band: Tash Sultana stehen ganz allein auf der Bühne, umgeben von einem Instrumentenpark sowie einer Loopstation, dem wichtigsten Equipmentteil. Denn Sultana schichten ihre Songs Spur für Spur zu kleinen Sample-Kunstwerken auf – genau wie Ed Sheeran, der allerdings nur eine Akustikgitarre benutzt.

Hier kommen Synthesizer, Drumpads, Trompete, Panflöte und diverse Gitarren zum Einsatz. Gern streichen Sultana auch durch das kleine Metall-Windspiel, was neben den psychedelisch-esoterischen Projektionen zur Hippie-Anmutung der rund 100-minütigen Show beiträgt. Deren erstes Drittel ist etwas strukturlos, da Sultana zwar allerlei Ideen, Effekte und Soli in die Luft wirft, sie aber nicht zu einem sinnhaften Ganzen zusammenzufügen vermag – ein erratisches Kreisen.

Aus dieser Phase kommen Tash Sultana heraus, als sie sich in klassischer Singer-Songwriter-Manier auf eine Gitarre beschränken und den neuen Song „Pink Moon“ (keine Verbindung zu Nick Drake) zu einem berührenden Verzweiflungsmanifest destillieren. Die volle Loop-Power wird dann beim Hit „Jungle“ noch einmal ausgespielt. Einst allein im Schlafzimmer zusammengebastelt, bringt er nun Tausende zum Mitsingen. Großes Hippie-Glück.

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