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Der RBB arbeitet an seiner Erneuerung.

© Imago/Jan Huebner/Lakomski

Staatsferne des Rundfunks Berlin-Brandenburg: Die Politik macht Programm. Warum nicht der RBB?

Der neue Staatsvertrag soll dem RBB eine neue Verfassung geben. Das ist richtig und notwendig. Selbst das RBB-Fernsehen wird erfasst.

Ein Kommentar von Joachim Huber

Ja, das ist ein veritabler Konflikt. Nein, es geht nicht um Kleinigkeiten, es geht um den künftigen Staatsvertrag für den Rundfunk Berlin-Brandenburg. Er soll noch in diesem Jahr vom Landtag Brandenburg und vom Abgeordnetenhaus Berlin beschlossen werden. Das Vertragswerk ist ohnegleichen in Rundfunk-Deutschland. In vielen, sehr vielen Paragraphen wird die Verfassung der öffentlich-rechtlichen Anstalt neu definiert. Ein Hauptmotiv sind ganz sicher die Lehren aus der Affäre um die gekündigten Intendantin Patricia Schlesinger, die den Sender an den Rand der Handlungsfähigkeit gebracht hat.

System aus Systemlingen

Die „Sonnenkönigin“ konnte agieren, weil ihr Direktorium und weitere Führungskräfte gerne und willig mitgemacht haben. Ein System aus Systemlingen wurde etabliert, nachgerade dafür belohnt, dass nicht genau hingeschaut wurde, wie Patricia Schlesinger im Antrieb, aus dem RBB endlich einen Hauptstadtsender zu formen, in die Vollen ging. Schlesinger hatte Großes und ihre eigene Großartigkeit im Sinn. Alles für den Sender, alles für Patricia Schlesinger. Dass selbst Gummibärchen als Spese abgerechnet wurden, zeigt die Hybis der ehemaligen Senderchefin.

Es reicht aber nicht, allein Patricia Schlesinger in den Blick zu nehmen. Die einen haben weggeschaut, die anderen haben nicht hingeschaut. Insbesondere der Verwaltungsrat um seinen Chef Wolf-Dieter Wolff haben Schlesinger schalten walten lassen, es war ein faux pas de deux. Dass zum Ende der letzten Rundfunkratsperiode sämtliche Verwaltungsräte das Gremium verlassen haben, muss als Flucht vor der Verantwortung fürs eigene Versagen gewertet werden. Aber weil’s im Reich der Sonnenkönigin so wohlig warm war, gehört auch die Rechtsaufsicht von Senatskanzlei Berlin und Staatskanzlei Brandenburg in den Kreis der Hinnehmer und Weggucker.

Diesen Horizont aus Versäumnis und Versagen muss jeder vor Augen haben, der den kommenden Staatsvertrag begutachtet. In Teilen haben schlechtes Gewissen, Wut und der ehrliche Wille, in den Handlungsbedingungen für den RBB ein „Nie wieder“ festzuschreiben, die novellierten Passagen mitformuliert.

Die Rundfunkpolitik hat sich angestrengt, keine Frage, unter Zuhilfenahme der Rechnungshöfe ist ein Staatsvertrag entstanden, der sich sehen lassen kann. Aber auch dieses Werk muss vor seinem Inkrafttreten geprüft werden. Wesentlicher Aufgriffs- und Angriffspunkt ist die Frage, ob die Länder Berlin und Brandenburg, also der Staat, sich übergriffig verhalten.

Professionelle Gremien

Die Aufsicht, sprich die Aufsichtsorgane werden derart professionalisiert, dass Unterschleif, Do-ut-des-Verhalten zwischen Kontrollierten und Kontrolleuren ausgeschlossen sein sollen. Das wird Ehrgeiz und Einsatz bei den Räten benötigen, zusätzliches Geld wird es kosten. Aber eben gut angelegtes Geld, wenn das Finanzgebaren der Anstalt solide sein muss.

Was Intendantin Ulrike Demmer und Belegarbeiter aber stört, ja empört, das sind die programmlichen Vorgaben, die sich insbesondere die Staatskanzlei Brandenburg ausgedacht hat. Die Märker, die für 40 Prozent der Beitragseinnahmen stehen, fühlen in den Programmen, vor allem im RBB-Fernsehen übersehen. Damit soll ein für alle Mal Schluss sein. Die auseinandergeschalteten Landesprogramme werden von 30 Minuten auf eine Stunde erweitert, jedem Landesprogramm sitzt ein eigener Chef/eine eigene Chefin vor.

Damit steht die Staatsferne des RBB in Rede. Politik darf Rahmenbedingungen schaffen, aber darf sie unter Vernachlässigung der Rundfunkfreiheit Programmvorgaben machen? Im RBB wird das vehement bestritten. Brandenburgs Medienstaatssekretär Benjamin Grimm seinerseits hat schon klargemacht, dass daran nicht gerüttelt wird.

Es genügt nicht, dass der RBB von der Intendantin abwärts Zeter und Mordio schreit. Und es genügt nicht, dass endlich im Frühjahr 2024 im Sender das „Ziel rbb 2028“ gefunden sein soll. Auch beim RBB-Programm gilt: Der Feind des Guten ist das Bessere. Was hindert die Intendantin inklusive Belegschaft daran, aus eigener Kraft und mit eigenen Ideen darzustellen, wie das Ziel der Länder-Gerechtigkeit im RBB-Fernsehen erreicht werden kann?

Ja, die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist ein sehr hohes Gut. Sie bedeutet aber, dass dieser Rundfunk, hier der RBB, dem Staat, hier den Rundfunkpolitikern, überzeugend darlegt, wer für besseres Programm sorgen kann. Staatsferne zu reklamieren, heißt, Staatsferne herzustellen. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg, Intendantin Ulrike Demmer und die Mitarbeitenden sind am Zug. Nicht im nächsten Frühjahr, sondern jetzt und gleich.

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