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DENKEN: Sonderangebot: Liebe

Für den Philosophen Immanuel Kant gab es genau vier Fragen, die sich ernsthaft denkende Menschen stellen müssen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun?

Für den Philosophen Immanuel Kant gab es genau vier Fragen, die sich ernsthaft denkende Menschen stellen müssen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Und: Was ist der Mensch? Wir beantworten sie, nicht immer ganz ernst gemeint, mit dem Hinweis auf eine besonders empfehlenswerte Veranstaltung im Vortrags-, Lesungs- und Debattendickicht Berlins – und den Menschen, der dahinter steht.

Was kann ich wissen?

„Was sagt denn dein Gefühl dazu?“ In schwierigen Situationen begibt man sich oft auf die emotionale Ebene, scheint auf sie im Wirrwarr widersprüchlicher Informationen doch am ehesten Verlass zu sein. Ganz vorne dabei: das „Bauchgefühl“. Dieser irgendwo in der mehr oder weniger umfangreichen Körpermitte situierten Empfindung kommt quasi die Rolle des Königsmachers im Reich der Entscheidungen zu: „Mein Bauchgefühl hat ‚Ja’ gesagt und ich hab’s gemacht!“ Zum Beispiel jemanden geheiratet. Doch wie kommt es, dass wir Gefühlen so blind vertrauen? Dass sie so echt anmuten? Denn sind sie es denn? Hier hilft kein wohlig-warmes Bauchgefühl, sondern nur Eva Illouz weiter. Wie keine andere Wissenschaftlerin hat die Israelin Gefühle – vor allem: die Liebe – soziologisch betrachtet. In „Der Konsum der Romantik“, „Warum Liebe weh tut“ und „Gefühle in Zeiten des Kapitalismus“ zeigt sie die Verknüpfung von Liebesvorstellungen, Begehren und Geschlechterbildern mit Marktlogik, Konsumkultur und Unterhaltungsindustrie. Das klingt vielleicht trocken, ist aber aufregend, erkenntnisreich und vor allem gut lesbar. Natürlich ist es nicht unbedingt schön, wenn das romantische Liebeswerben als schnödes Marktverhalten decodiert wird: Schönheit und Sexyness sind Güter, mit denen gehandelt wird. Diese müssen aber erst mal produziert werden – und hier verdient die Kosmetik- und Fitness-Industrie Milliarden. Das Ich verhält sich wie eine Ware, und endlich versteht man, warum Flirt- und Dating-Portale im Internet „Partnerbörsen“ heißen.

Was soll ich tun?

Falscher Romantik unerschrocken ein Ende bereiten und zum Gespräch über Politik der Gefühle oder Die neue Liebesordnung gehen, das Eva Illouz mit Carolin Emcke am Sonntag um 12 Uhr in der Schaubühne führt (Kurfürstendamm 153).

Was darf ich hoffen?

Dass das Bauchgefühl schweigt. Zu essen gibt’s später noch genug.

Was ist der Mensch?

Eva Illouz, 1961 in Marokko geboren, zog als Zehnjährige mit Ihrer Familie nach Frankreich. Sie studierte in Paris und den USA, heute ist sie Professorin für Soziologie und Anthropologie an der Hebräischen Universität von Jerusalem. Illouz ist verheiratet und hat drei Kinder. Ganz unromantisch, dafür aber um so liebenswerter bedankt sie sich im Nachwort ihrer Studie „Der Konsum der Romantik“ bei ihrem Ehemann für „seine harte Arbeit am Haushalt“, während sie dieses Buch schrieb. Elke Brüns

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