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Installation von David Zink Yi im Außenbereich der Fahrbereitschaft, dem Gelände in Lichtenberg, in dem die Haubrok-Stiftung ihr zu Hause hat.

© The Collection, curated by Krist Gruijthuijsen (installation view), Ludger Paffrath for the haubrok foundation, Berlin 2023

Sammlung Haubrok in Lichtenberg: Konzeptkunst, gar nicht spröde

In der Ausstellung „The Collection“ ist die Kunstsammlung von Axel und Barbara Haubrok zu sehen. Am Montag lädt die Sammlung zum Sommerkino.

Von John Falkirk

Jedes Kunstwerk erzählt auch etwas über den Künstler oder die Künstlerin, die es gemacht hat. Vielleicht ist diese Verbindung von Kunst und Werk ein Klischee, viele mögen es anders sehen. Aber mich fesselt das Menschliche und das Persönlich am meisten.

Aber was sagt die Kunst über den Käufer aus? Gibt es auch in seiner Entscheidung für das ein oder andere Werk einen persönlichen Ausdruck? Diese Frage geht mir durch den Kopf, als mich der Kunstsammler und ehemalige Unternehmensberater Axel Haubrok durch die Räume der Fahrbereitschaft führt, dem Areal in Lichtenberger Industriegebiet, auf dem die DDR-Regierung einst ihren Fuhrpark betrieb. Axel und Barbara Haubrok haben das Gelände vor gut zehn Jahren gekauft und seitdem zu einem Gebwerbe- und Kreativstandort ausgebaut. Das Ehepaar sammelt seit 30 Jahren zeitgenössische Kunst, überwiegend Konzeptkunst. Sagt das also etwas über sie persönlich aus?

Was sagt das Werk über den Käufer?

„The Collection“ ist die bisher größte Präsentation der Haubrok’schen Sammlung, ausgerichtet wird sie von der Stiftung der Familie, kuratiert hat sie aber ein ganz besonderer Gast: Krist Gruijthuijsen, der Direktor der KW Institute for Contemporary Art.

Im ersten Raum sind ein gefilmtes Interview mit dem Konzeptkunst-Pionier Marcel Duchamp, drei Betonschafe der Berliner Künstlerin Judith Hopf und ein „Ready Made”-Kissen vom in diesem Jahr verstorbenen Düsseldorfer Konzeptkünstler Hans Peter Feldmann zu sehen. Die drei Werke geben den Rahmen der Schau vor: es geht um das Konzeptuelle, das Humorvolle und das Existenzielle.

Hintergründiger Humor

In einer weiteren Etage zeigt sich die Konzeptkunst mit unterschiedlichen Themen. Einige Werke haben einen Bezug zur deutschen Identität, beispielsweise Rodney Grahams Skizzen vom Büro der Gebrüder Grimm und Gerhard Richters Foto von Ulrike Meinhof, das als Vorlage für ein Gemälde diente. Andere bringen die Geschlechterfrage zum Ausdruck, etwa geschlechtskodierte Staubsaugern von Sara Deraedt. Das Verstreichen der Zeit steht in den Selbstporträts des französisch-polnischen Künstlers Roman Opalka im Mittelpunkt.

Die Kunstsammler Barbara und Axel Haubrok haben die Fahrbereitschaft in Lichtenberg vor rund zehn Jahren gekauft.
Die Kunstsammler Barbara und Axel Haubrok haben die Fahrbereitschaft in Lichtenberg vor rund zehn Jahren gekauft.

© imago images/Charles Yunck

Die Ausstellung breitet sich über diverse Räume und Stockwerke aus und läuft auch im Außenbereich der Fahrbereitschaft weiter. Manche der bekanntesten Konzeptkünstler, Bildhauer, Minimalisten der letzten Jahrzehnte sind vertreten, darunter Gregor Schneider, Jeppe Hein und Félix González-Torres.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes bewegt sich die Ausstellung mehr im Alltäglichen und Existenziellen. Der Betrachter wird von einem scheinbaren Trinkgeldtisch einer Toilettenfrau begrüßt, ein visueller Streich des Schweizer Künstlers Christoph Büchel, der im Innenhof auch durch eine Nachbildung eines F16-Kampfjets vertreten ist.

Teppich aus dem Sozialamt

Eine Wand ist mit Auszügen aus deutschen Zeitungen bedeckt, zwei Bilder in der Mitte der Collage stammen aus dem Haus der toten Großmutter der Künstlerin Diamond Stingly. Die Arbeit untersucht die Kontraste zwischen kollektiver und privater Geschichte. In einem Nebenraum hängt ein Teppich aus einem Sozialamt in Los Angeles, eine Art Arte Povera-Ready-Made des US-Amerikaners Rodney McMillian, das optisch an die minimalistischen Werke der japanischen Mono-Ha-Bewegung erinnert.

Einer der Künstler, die für Axel Haubrok eine zentrale Rolle spielt, ist der Brite Jonathan Monk, bekannt für seine witzigen Installationen. In den 2000er Jahren unterzeichneten er und Haubrok einen Vertrag, der besagte, dass Monk zehn Jahre lang ein Werk pro Jahr an die Haubroks liefern soll. Einige dieser Arbeiten sind in einem Dachzimmer der Fahrbereitschaft zu sehen. Teilweise sind sie sehr persönlich, wie zwei einander zugewandte Uhrwerke – ein Porträt von Axel und Barbara Haubrok.

Ein Werk des Schweizer Künstlers Christoph Büchel führt Besucher:innen in die Irre.
Ein Werk des Schweizer Künstlers Christoph Büchel führt Besucher:innen in die Irre.

© The Collection, curated by Krist Gruijthuijsen (installation view), Ludger Paffrath for the haubrok foundation, Berlin 2023

Die Abgeklärtheit der Konzeptkunst kann manchmal etwas nerven. Das Täuschen, das zum Narren halten, das Spiel mit unausgesprochenen Ideen, die der Künstler für sich behält. Aber in der Fahrbereitschaft geht es einem nicht so. Vielmehr verleihen die Umgebung, Krist Gruijthuijsens strukturierte Kuration und Axel Haubroks geradlinige Interpretationen dem Ganzen eine große Zugänglichkeit. Eine Neugier stellt sich ein, die über die einzelnen Kunstwerke hinausgeht. Hier zeigt sich, was Kunst für die Betrachtenden sein kann und sein sollte: Inspiration, Fragen, nicht unbedingt Antworten.

Ein Zitat, das Oscar Wilde zugeschrieben wird, lautet: „Wenn Banker sich treffen, reden sie über Kunst. Wenn Künstler sich treffen, reden sie über Geld.“ Axel Haubrok gibt ein gutes Beispiel dafür ab, dass es sich lohnt, auch denjenigen zuzuhören, die die Kunstwelt ökonomisch am Laufen halten.

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