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Frontfrau. Die Grünen-Politikerin Sabine Bangert.

© Barbara Dietl

Sabine Bangert im Porträt: Kämpferin für die Künste

Entschieden und neutral: Wie Sabine Bangert den Kulturausschuss im Abgeordnetenhaus leitet.

Volle sechzehn Stunden haben sie gedauert, die erste und zweite Lesung von Klaus Lederers Etatentwurf für 2020/21 im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses. Und es wären sicher noch längere Tage für die Parlamentarier geworden ohne Sabine Bangert. Die Grünen-Politikerin, die seit Herbst 2016 dem Gremium vorsteht, ist für ihre straffe Sitzungsleitung bekannt.

Wie sie in rasantem Tempo die bürokratischen Pflichtaufgaben absolviert, wie sie ohne zu Stocken die komplexen Nummernfolgen aufruft, hinter denen sich die von der Kulturverwaltung bearbeiteten Berichtsaufträge des Abgeordnetenhauses verbergen, das wirkt extrem professionell. Besteht kein weiterer Beratungsbedarf, konstatiert Bangert „Ich sehe keinen Widerspruch“ – und ruckzuck geht es weiter im Programm.

„Haushaltsberatungen haben mir schon immer Spaß gemacht“, sagt die 64-Jährige, die 2000 als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angefangen hat und 2011 Mitglied des Abgeordnetenhauses wurde. Sabine Bangert ist gut organisiert – und will, dass auch andere davon profitieren: „Ich habe es nicht gern, wenn man sich verfummelt“, sagt sie. Das klingt nach dem Pragmatismus der sprichwörtlichen schwäbischen Hausfrau. Und tatsächlich stammt die Politikerin aus dem Ländle. Was auch der sanfte Singsang in ihrem Hochdeutsch verrät.

Rasantes Tempo

Aufgewachsen ist Sabine Bangert in Reutlingen, in einer kulturaffinen Familie. Die Eltern haben sie früh mit ins Ballett nach Stuttgart genommen, ihr Traumberuf zu Teenagerzeiten war Innenarchitektin. Auf eine Tischlerlehre folgte das Studium – das sich dann aber doch nicht als zielführend erwies. Also schwenkte Sabine Bangert um. Das Volontariat bei einer Fachzeitschrift für Holzbau ermöglichte ihr, den Spaß am Umgang mit dem Wort und ihre Affinität zum Handwerklichen zu verbinden.

Acht Jahre blieb Sabine Bangert bei der Fachpublikation, bis es sie 1988 nach Berlin zog. Nach einem Intermezzo beim Bezirksamt Neukölln leitete sie ab 1993 dann Projekte beim Ökotechnischen Frauenbildungszentrum Berlin. Hier ergab sich auch der Kontakt zu den Grünen. Über die Arbeitsmarktpolitik kam sie zu ihrem Job in der Fraktion, wo sie eng mit Sybille Klotz zusammenarbeitete.

Seit 30 Jahren in Berlin

Die Kultur wuchs ihr dann später zu, nach dem parlamentarischen Abschied der legendären grünen Kulturkämpferin Alice Ströver erbte Sabine Bangert nicht nur deren Sitz im Kulturausschuss, sondern auch eine ganze Schrankwand voller Aktenordner. „Darin sind über viele Jahre die Entwicklungen der hauptstädtischen Kulturlandschaft so umfassend dokumentiert, dass wir uns entschlossen haben, diesen Schatz dem Staatsarchiv zu übergeben, für künftige Forschergenerationen“, erzählt Sabine Bangert. Sie selber arbeitet in allererster Linie digital, also weitgehend papierlos.

Weil sie als Vorsitzende des Kulturausschusses in den Sitzungen zur Neutralität verpflichtet ist, hat Daniel Wesener bei den Grünen die Rolle des kulturpolitischen Sprechers inne. Sabine Bangert repräsentiert das selbstbewusste Parlament, das seine Kontrollfunktionen der Exekutive gegenüber stolz wahrnimmt – und keine Angst hat, sich mit dem Senator anzulegen. Fast 594 Millionen Euro sind 2020 zu verteilen, 2021 dann sogar 606,8 Millionen Euro. Da wollen die Fraktionen der Koalition auch eigene Akzente setzen – und haben Klaus Lederer dafür an anderer Stelle Gelder weggenommen.

Keine Angst vor dem Senator

Eine Million Euro wurde beim geplanten Förderprogramm für die Sanierung von historischen Berliner Kastenfenstern gestrichen. Dafür sollen die Kinder-, Jugend- und Puppentheater künftig noch besser ausgestattet werden als ohnehin von Lederer geplant. Intensiver unterstützen wollen die Koalitionäre auch Erinnerungsorte wie den Friedhof der Märzgefallenen, neu in die Förderung aufgenommen werden das Zillemuseum in Mitte und die C/O-Fotogalerie. Die Jazzförderung soll verstärkt werden, Erhöhungen gibt es auch für die Chöre, den Tanz und das Konzerthaus.

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Wenn am morgigen Mittwoch der Kulturetat-Entwurf im mächtigen, für Finanzen zuständigen Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses beraten wird, ist Sabine Bangert zwar offiziell nicht mehr zuständig, doch hinter den Kulissen wird sie bis zur finalen Abstimmung über den Doppelhaushalt im parlamentarischen Plenum im Dezember weiter mitverhandeln, um Nachbesserungen in ihrem Bereich ringen.

Dass bei den öffentlichen Sitzungen ihres Ausschusses die Zuhörerplätze manchmal nicht ausreichen und die Sitzungen in einen weiteren Raum übertragen werden müssen, gefällt Sabine Bangert sehr. Transparenz ist ihr wichtig bei der politischen Arbeit: „Wir wollen für die Akteure aus der Kulturszene unser Handeln nachvollziehbar machen.“

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